Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unser Antrag „Verschiebebahnhof Arbeitsagentur verhindern - Vermittlung stärken, statt Arbeitslosigkeit zu verwalten“ zielt darauf, zu verhindern, dass Ihre Politik zulasten der Langzeitarbeitslosen, zulasten der Jobcenter und zulasten der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler gleichsam in einem Haushaltsfinanzierungsgesetz versteckt werden kann. Wir lassen Ihnen solche Tricksereien nicht durchgehen, meine Damen und Herren!
Unser Antrag zwingt heute zur Diskussion in der Sache. Ja, Sie haben dem großen Protest von den Sozialpartnern, von den Wohlfahrtsverbänden, von Kommunen und Ländern nachgegeben und die zunächst vorgesehene Verlagerung der Zuständigkeit für junge Langzeitarbeitslose - weg von den Jobcentern, hin zu den Arbeitsagenturen - zurückgenommen. Doch die Trickserei geht weiter. Denn nun soll die Zuständigkeit für Rehabilitation und die Förderung beruflicher Weiterbildung auf die Arbeitsagenturen übertragen werden.
Damit sollen im Haushalt des BMAS - oh Wunder, gut gerechnet oder gut gewürfelt - genau jene 900 Millionen Euro eingespart werden, um die es geht.
Aber was heißt denn überhaupt „einsparen“? Schon das stimmt ja nicht. Es wird nichts eingespart, sondern Sie schieben die Rechnung einfach in die Kasse der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler.
Das ist eben kein Taschenspielertrick. Sie verletzen damit die verfassungsrechtlich gebotene Grenze zwischen Versicherungsleistungen, für die der Beitragszahler bzw. die Beitragszahlerin einzustehen hat, und Maßnahmen sozialer Daseinsfürsorge, die Aufgabe der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ist. Sie nehmen damit eine Beitragserhöhung in Kauf, die Unternehmen, aber nicht zuletzt auch Menschen mit niedrigem Einkommen trifft.
Nichts in der Sache spricht für diese Verlagerung. Die Förderung der beruflichen Weiterbildung ist ein Kernbestandteil der Arbeit der Jobcenter. Dort finden die ganzheitliche Begleitung und Beratung statt, derer Sie sich selbst bei der Schaffung des Bürgergelds gebrüstet haben. Gestern sagte der Leiter eines Jobcenters zu mir: Erst wollten sie uns das linke Bein amputieren, jetzt den rechten Fuß. - So gehen Sie mit den Frauen und Männern um, die in unseren Jobcentern arbeiten.
Die Vermittlung von Langzeitarbeitslosen bleibt auf der Strecke.
Für uns ist die Vermittlung das Entscheidende. Ein Arbeitsvertrag verlangt zwei Unterschriften. Ihnen geht es nur noch um Überschriften, und das ist peinlich. Das sieht man gerade in diesen Tagen. Gestern erklärt der Arbeitsminister wortreich im Plenum und vor der Bundespressekonferenz, er zünde den Jobturbo. Und was passiert vor Ort? Da schleicht er ins Tanklager und klaut den Sprit, meine Damen, meine Herren.
Die systematische Unterfinanzierung der Jobcenter durch die Kürzung von 200 Millionen Euro bei den Eingliederungsmaßnahmen, durch die Kürzung von 200 Millionen Euro bei den Personalkosten und durch Tarifauswirkungen, die 300 Millionen Euro der Arbeit entziehen, ist unverantwortlich. Sie tun so, als könnten Sie mit einem Nachschlag aus Haushaltsresten dafür sorgen, dass doch noch ein bisschen Geld in die Kasse kommt. Fragen Sie doch mal Ihre Jobcenter, was sie von der Zerschlagung jeglicher Planungssicherheit halten.
Es gibt kaum noch mehrjährige Maßnahmen des sozialen Arbeitsmarktes, weil es keine Planbarkeit für die Jobcenter gibt. So frustrieren Sie Langzeitarbeitslose, so frustrieren Sie diejenigen, die in den Jobcentern arbeiten.
Meine Damen, meine Herren, Sie glauben als Überschriftenminister noch immer: Das Erzählte reicht. - Nein, das Erreichte zählt. Sie werden dafür sorgen, dass weniger Menschen in Arbeit kommen, und Sie werden sich damit auch an der Solidarität versündigen. Denn die Leistungen für Langzeitarbeitslose, die wir zu Recht erbringen, sind verbunden mit bestmöglichen Anstrengungen für die Vermittlung in Arbeit. Da verweigern Sie sich. Da schwächen Sie mit Taschenspielertricks die Arbeit vor Ort. So gefährden Sie einen solidarischen Sozialstaat.