Frau Präsidentin! So sieht konstruktive Oppositionsarbeit aus: Da hat der Wirtschaftsminister einmal eine gute Idee, nämlich die Aussetzung des Lieferkettengesetzes, wird dabei auch noch vom Justizminister unterstützt, und heute bieten wir Ihnen die Gelegenheit zur zeitnahen Umsetzung dieser Idee des Vizekanzlers.
Denn mit bloßem Fordern, lautem Nachdenken darüber - das mag ja in sein -, was man vielleicht tun könnte, müsste oder vielleicht auch doch nicht, ist niemandem geholfen. Taten sind gefragt.
Meine Damen, meine Herren, ich spreche trotz etwas angeschlagener Stimme heute bewusst in dieser Debatte als jemand, der an dem Kompromiss für das deutsche Lieferkettengesetz mitgewirkt hat. Und ich will begründen, warum ich heute für unseren Gesetzentwurf werbe.
Das Gesetz in Deutschland - das ist mein erster Punkt - wollte die Wirksamkeit für Menschenrechte mit der Handhabbarkeit und Rechtssicherheit für unsere Wirtschaft verbinden. Richtiges ist uns dabei gelungen. Ich nenne nur die Differenzierung zwischen dem ersten unmittelbaren Zulieferer und weiteren Zulieferern im Verlauf der Lieferkette. Leider findet sich diese wichtige Differenzierung in der zukünftigen EU-Regulierung nicht mehr.
Bei anderen Punkten - das müssen wir zugeben; das gehört dazu - sind wir über das Ziel hinausgeschossen. Damit meine ich nicht zuletzt die vielfältigen Berichtspflichten, die denen das Leben schwer machen, die sie zu erfüllen haben.
Und das ist ja keine Spezialerkenntnis von uns. Dass diese Berichtspflichten wegmüssen, hat Herr Habeck in einem Interview im September des letzten Jahres gesagt, und er fügte hinzu: Und dies so schnell wie möglich.
Das war vor neun Monaten! Das ist aber Tempo, Herr Habeck.
Hubertus Heil hat beim öffentlichen Ringen um die Ampelpositionierung gegenüber der EU-Regulierung die Aussetzung dieser Berichtspflichten ausdrücklich angeboten. War das jetzt nur Verhandlungsmasse im Koalitionspoker, oder war das wirkliche Überzeugung? Für uns ist jedenfalls klar: Eine Bürokratie, die es nicht braucht, muss weg!
Das gilt - damit bin ich beim zweiten Punkt - erst recht in der augenblicklichen wirtschaftlichen Lage. Wir erleben, spätestens seit dem Angriffskrieg Putins auf die Ukraine, dass weltweit Lieferketten massiv unter Stress geraten sind, zum Teil zerstört wurden. Wir wollen aus politischen Gründen, auch um Abhängigkeiten von einzelnen Ländern wie China zu verringern, die Lieferketten verbreitern, mehr Lieferbeziehungen erzeugen. Diese Diversifizierung darf gerade für kleinere und mittelständische Betriebe nicht erschwert werden. Wer mehr internationalen Handel will, muss internationalen Lieferketten den Rücken stärken und darf sie nicht ohne Not erschweren.
Damit bin ich beim dritten Punkt. Wenn wir das deutsche Lieferkettengesetz aufheben, dann kommt es ja nicht zu einem ungeregelten Zustand. Wir sind in der Verpflichtung, in den nächsten zwei Jahren eine europäische Richtlinie in nationales Recht umzusetzen; das tritt dann, wie in der Richtlinie vorgesehen, schrittweise in Kraft.
Nun ist es der Ampel leider nicht gelungen, das deutsche Lieferkettengesetz gleichsam zur Blaupause für eine kluge europäische Regelung zu machen.
Das führt zu der absurden Situation, dass wir in Deutschland eine Doppelbelastung haben: Die Unternehmen müssen einem noch geltenden Gesetz mit Berichtspflichten genügen; gleichzeitig müssen sie sich auf eine sich davon wesentlich unterscheidende neue Regelung einstellen. Es ist Unsinn, ihnen so etwas zuzumuten.
Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, das BAFA, sollte jetzt nicht Berichte anfordern und prüfen, sondern bestmöglich unsere Unternehmen beraten im Hinblick auf die Vorbereitung auf die zukünftig geltenden europäischen Regeln. Das sollte auch der Helpdesk Wirtschaft und Menschenrechte der Bundesregierung tun.
Wir brauchen jetzt eine Stärkung der Menschenrechte, der verantwortlich gestalteten Lieferketten, aber eine Abschaffung unnötiger Bürokratie. Stimmen Sie unserem Gesetzentwurf zu!