Frau Präsidentin! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ihr sogenanntes Rentenpaket ist vor allen Dingen eins: eine verpasste Chance für die Verlässlichkeit des Generationenvertrages.
Die Bewertung in der Wissenschaft hinsichtlich der fehlenden finanziellen Tragfähigkeit Ihrer Leistungsversprechen ist völlig eindeutig. Es ist albern, sich für dieses sogenannte Paket hier selbst zu loben.
Vor allem aber ist es eine verpasste Chance, die Rentenentwicklung - auch das gehört zur Verlässlichkeit des Generationenvertrages - auf eine breite parlamentarische Mehrheit zu stellen. Früher sprach man vom „Rentenkonsens“.
Wir sind zu einer solchen Zusammenarbeit bereit. Wir haben dem Rentenpaket I zugestimmt, als es um die Angleichung von Ost- und West-Renten und um bessere Erwerbsminderungsrenten ging. Sie hatten auch ein Werkzeug für eine solche breite Mehrheit an der Hand: den Bericht der von Ihnen selbst eingesetzten Rentenkommission in der letzten Legislaturperiode. Darin wurde vorgeschlagen, die Leistung in konkreten Zeiträumen und in konkreten Korridoren zu überprüfen. Damit hätten wir einen Weg geschaffen - verbunden mit einer kraftvollen Verbesserung, wie sie die CDU vorschlägt - für eine individuelle kapitalgedeckte Zusatzversorgung mit besonderer Unterstützung niedriger Einkommen. Damit hätten wir eine auskömmliche Altersversorgung sichergestellt, ohne die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler in unserem Land zu überfordern.
Sie haben für diese Vorschläge gedankt und sie vom Tisch gewischt, weil Sie in Wahrheit an einem solchen Konsens nicht interessiert sind. Sie legen heute einen Vorschlag vor, bei dem eine der drei Koalitionsfraktionen erklärt, er sei so überhaupt nicht zustimmungsfähig. In einer seltenen Einmütigkeit kommt von der Wissenschaft ein klares Nein zu Ihren Plänen. Bert Rürup, wahrlich ein Experte und ein Mitglied Ihrer Partei, sagt: „Mir ist kein Experte bekannt, der Scholz’ Rentenpolitik für eine gute und richtige Idee hält.“ „Kein Experte“, sagt der Sozialdemokrat Rürup.
Und Martin Werding warnt davor, die Dramatik der demografischen Entwicklung zu ignorieren. In einer Zeit, in der wir wieder um jeden Arbeitsplatz ringen müssen, ist Ihnen der Anstieg der Beiträge egal. In einer Zeit, in der jede Haushaltsaufstellung bei Ihnen ein Schwanken zwischen Verfassungsbruch und Koalitionsbruch ist, ist Ihnen der wachsende Bundeszuschuss egal. Das ist keine Politik der Verlässlichkeit. Das ist Politik nach dem Motto „nach uns die Sintflut“, und das ist das Gegenteil von Verantwortung.
Sie interessieren sich nicht für die nächste Generation. Sie interessieren sich für das nächste Wahlplakat. Das ist schäbig gegenüber den jungen Leuten.
Dazu gehört, dass Sie bewusst die Unwahrheit über die Position der Union behaupten. Friedrich Merz hat wiederholt eine Rente mit 70 als Regelalterseintrittsgrenze abgelehnt.
Er hat klar gesagt, dass das mit uns nicht zu machen ist. Sie erwecken wieder den gegenteiligen Eindruck. Wir ringen um die Frage: Wie erhöhen wir die Rente? Wir wollen sie erhöhen. Sie verbreiten über Ihre Fraktion, dass wir sie kürzen wollen. Das ist Fake-News-Wahlkampf auf Fraktionskosten.
Ich hoffe, der Bundesrechnungshof sieht sich dieses schäbige Spiel einmal an.
Es gab eine Zeit, da haben Sozialdemokraten hier im Plenum - Franz Müntefering und Ulla Schmidt - den Rücken geradegemacht und gesagt: Der Nachhaltigkeitsfaktor ist ein Gebot rentenpolitischer Vernunft und der Generationengerechtigkeit. - Heute wollen Sie den Nachhaltigkeitsfaktor entsorgen.
Sie entsorgen damit auch die rentenpolitische Vernunft Ihrer eigenen Partei, meine Damen, meine Herren.
Es ist doch kein Zufall, dass ein liberaler Kollege sagt, Ihr Gesetz gehe in die komplett falsche Richtung, wörtlich: „komplett falsche Richtung“.
Das ist nicht durch das Drehen an ein paar Schräubchen im Gesetzgebungsverfahren zu machen. Die Wissenschaft rechnet vor, ab welchem Jahrgang die junge Generation trotz steigender Renten dazuzahlt. Deswegen macht es keinen Sinn, an ein paar Schrauben zu drehen. Ihr Paket ist eine Mogelpackung. Es muss abgelehnt werden.
Ich kann den Liberalen nur zurufen: Eure Überzeugung sollte auch Euer Abstimmungsverhalten bestimmen; denn wir brauchen einen Neustart in der Rentenpolitik.
Dafür ist es am besten, die Ampel würde in Rente gehen.
Herzlichen Dank.