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Suizidbeihilfe: Orientierungsdebatte im Deutschen Bundestag

Als Beauftragter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Kirchen und Religionsgemeinschaften sprach Hermann Gröhe bei der Orientierungsdebatte des Deutschen Bundestages zur Suizidbeihilfe.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für mich gehören der Respekt vor der Selbstbestimmung des Einzelnen und der Schutz des Lebens untrennbar zusammen; denn das Leben selbst ist die Voraussetzung für jede Selbstbestimmung, der mit der Selbsttötung unwiederbringlich die Grundvoraussetzung schlechthin entzogen wird. Ich bedaure daher die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts.

Auch die 2015 hier im Bundestag zu § 217 Strafgesetzbuch vertretene Gegenposition wurde vom Bundesverfassungsgericht verworfen. Der damalige Entwurf für ein Suizidhilfegesetz sah ausdrücklich vor, die Zulässigkeit der Suizidhilfe an eine unheilbare, unumkehrbar zum Tode führende Erkrankung zu knüpfen. Einzig zulässige Voraussetzung für eine rechtmäßige Inanspruchnahme von Selbsttötungshilfe sei, so das Bundesverfassungsgericht, ein autonom gebildeter, freier Wille, von dem nur bei einer gewissen Dauerhaftigkeit und inneren Festigkeit ausgegangen werden könne. Vieles ließe sich dazu sagen. Hier will ich mich nur darauf konzentrieren, zu betonen, dass auch das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich Gefahren für eine solche freiverantwortliche Entscheidung benennt und jedenfalls insoweit auch ein Schutzkonzept für geboten hält. Druck von außen auch durch ein gesellschaftliches Klima abzuwehren, sei daher legitim. Dazu sei grundsätzlich auch das Strafrecht ein denkbares Mittel.

Wegen dieser Gefahren für eine freiverantwortliche Entscheidung und weil es um Leben und Tod geht, halte ich die Verortung einer entsprechenden Regelung im Strafrecht für geboten, meine Damen, meine Herren.

Dass ein Selbsttötungswille einer freiverantwortlichen Entscheidung entspricht, lässt sich nicht leicht feststellen. Aus Hospizen und Pflegeeinrichtungen wissen wir, dass sich der Wunsch, zu sterben, und der Wunsch, weiterzuleben, immer wieder abwechseln können und welch segensreiche Wirkung palliative und hospizliche Versorgung hier entfalten können.

Uns alle eint der Wille, diese Angebote, auch Angebote der Suizidprävention, weiter auszubauen. Es steht einer solidarischen Gesellschaft gut zu Gesicht, Menschen auch in Krisen zum Leben zu ermutigen, meine Damen und Herren.

Zu einer solchen Kultur der Ermutigung zum Leben gehört nicht nur, dass der Einzelne nicht zur Selbsttötungshilfe gezwungen werden darf, wie dies Vertreter aller Positionen anerkennen, sondern auch, dass Einrichtungen für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verbindlich festlegen können, dass solche Angebote nicht zu ihrem Selbstverständnis gehören. Ich weiß, dass nicht nur kirchliche Einrichtungen, sondern auch viele Hospize darauf großen Wert legen.

Meine Damen, meine Herren, vor uns stehen schwere Entscheidungen. Ich will ein persönliches Dilemma bekennen: Jedes Verfahren, das wir brauchen, um etwa seelisch erkrankte Menschen zu schützen, birgt die Gefahr einer Gewöhnung an Selbsttötungshilfe in sich. Das ist ein schweres Dilemma, über das wir sicher noch viele Diskussionen führen und am Ende eine schwierige Entscheidung treffen müssen.

Herzlichen Dank.