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Interview mit Hermann Gröhe in der NGZ

Hermann Gröhe bewirbt sich zur Bundestagswahl im Wahlkreis Neuss I (Dormagen, Grevenbroich, Neuss, Rommerskirchen) bereits zum siebten Mal als Direktkandidat der CDU. Im Interview spricht er über den Strukturwandel und den „Reviervertrag“, die Zukunft des Rheinland Klinikums und den Kampf gegen Hass und Ausgrenzung.

Das vollständige Interview finden Sie auch hier

Herr Gröhe, 2017 holten Sie Ihren Wahlkreis mit 44 Prozent der Erststimmen, 2013 waren es noch 51,6 Prozent. Seit der jüngsten Kommunalwahl gibt es nicht nur in allen Kommunen ihres Wahlkreises SPD-Bürgermeister, sondern auch Ratsmehrheiten, bei denen die SPD den Ton angibt. Die CDU musste durch die Bank Verluste hinnehmen. Mit welcher Strategie starten Sie in den Wahlkampf?

GRÖHE: Alles das – übrigens auch der große Erfolg unseres Landrats Hans-Jürgen Petrauschke – zeigt, dass jede Wahl ein erneutes Werben um Vertrauen ist. Zuversicht gibt mir dabei die große Unterstützung, die ich in der eigenen Partei, aber auch darüber hinaus erfahre. Ansprechbarkeit vor Ort ist mir besonders wichtig. Und sicherlich werden Begegnungen und Gespräche die nächsten Wochen bestimmen. Vertrauen wächst in der persönlichen Begegnung. Endlich sind solche Begegnungen wieder verstärkt möglich!

Der Strukturwandel als Folge des Endes der Braunkohleverstromung ist das Thema der kommenden Jahre im Rhein-Kreis. Wie kann der Ihrer Meinung nach im Rhein-Kreis gelingen? Was sind die wichtigsten Bausteine?

GRÖHE: Dieser Strukturwandel ist Herausforderung und Riesenchance! Dank der Festlegungen im „Reviervertrag“ und mit umfangreicher Unterstützung von Bund und Land, auch dank unseres Ministerpräsidenten Armin Laschet, kann bei uns eine Modellregion entstehen, in der wir zeigen, dass ein starker Industriestandort, sichere und gut bezahlte Ausbildungs- und Arbeitsplätze und der Weg zur Klimaneutralität zusammenpassen. Dazu müssen Wirtschaft und Gewerkschaften, Wissenschaft und Politik auf allen Ebenen bestmöglich zusammenwirken. Gerade die Zusammenarbeit der Wirtschaft, auch des Mittelstandes, mit Forschungseinrichtungen muss Entscheidendes beitragen, damit dieser umfassende Umbau unserer Wirtschaft gelingt. Gerne unterstütze ich solche Vorhaben – etwa im Bereich der Lebensmittelwirtschaft!

Wie können Arbeitsplätze im Rhein-Kreis mit den Schwerpunkten chemische Industrie (Dormagen), Aluminiumindustrie und Logistik erhalten bleiben?

GRÖHE: Es geht in der Tat nicht nur um vielversprechende Ansätze für Neuansiedlungen, sondern auch um die Pflege des Bestandes! Gerade für die genannten Industrien ist sicherer, bezahlbarer Strom unabdingbar. Entsprechende Ausgleichsregelungen zur Entlastung energieintensiver Industrien müssen immer wieder verteidigt werden, damit unser Standort wettbewerbsfähig bleibt. So erhalten wir gut bezahlte Industriearbeitsplätze, die eine wesentliche Grundlage unseres verlässlichen Sozialstaats sind. Auch die umfangreich geförderte Entwicklung hin zur Wasserstoffwirtschaft eröffnet große Chancen z.B. durch ein neues Wasserstoffzentrum im ChemPark Dormagen. Unsere Region und natürlich auch die wachsende Logistikbranche braucht weitere Investitionen in unsere Verkehrswege! Gut ausgebildete Fachkräfte und die Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft machen unsere Stärke aus. Deshalb haben wir die Förderung der Weiterbildung deutlich ausgebaut, damit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer rechtzeitig auf die Arbeitswelt von morgen vorbereitet werden.

Nicht nur die Bewältigung des Strukturwandels beschäftigt den Rhein-Kreis. Auch die Themen Mobilität und Klimaschutz stehen ganz oben auf der Liste. Was wollen Sie in Berlin für Ihre Region konkret erreichen?

GRÖHE: Gerade beim Thema Mobilität wurde viel erreicht, was jetzt in der Umsetzung aufmerksam begleitet werden muss. Das reicht von der auch mit meiner Unterstützung durchgesetzten Planung einer „Revier-S-Bahn“ bis zum Ausbau des Radwegenetzes. Dazu gehören aber auch Maßnahmen zur Aufwertung der Bahnhöfe in Grevenbroich und Neuss, für die ich mich mit Erfolg eingesetzt habe. Moderne Verkehrspolitik ist ein unverzichtbarer und wesentlicher Beitrag zum Klimaschutz!

Wo sehen Sie die Zukunft des Rheinland Klinikums? Wird ein Standort (Grevenbroich) geschlossen werden müssen, damit der Verbund noch wirtschaftlich arbeiten kann?

GRÖHE: In den Mittelpunkt gehört die Frage, wie wir für die Menschen in Grevenbroich wie im Rhein-Kreis Neuss insgesamt eine hochwertige medizinische Versorgung auf Dauer sicherstellen. Es bedarf eines überzeugenden medizinischen Gesamtkonzepts. Dabei sind der medizinische Fortschritt mit einem weiter ansteigenden Anteil ambulanter Behandlungen ebenso zu beachten wie die nachhaltige Finanzierbarkeit. Schwerpunktbildung, Arbeitsteilung und Vernetzung sind erforderlich, damit der medizinische Fortschritt allen zugutekommt. Für mich ist klar, dass es in Grevenbroich weiterhin ein starkes Angebot medizinischer Versorgung geben muss, nicht zuletzt im Hinblick auf eine ortsnahe Notfallversorgung. Und es war ein ganz wichtiges Signal, dass die Verantwortlichen erklärt haben, dass alle Beschäftigten im Rheinland-Klinikum auch zukünftig gebraucht werden!

Wie stark wird die Corona-Pandemie die Wahl beeinflussen?

GRÖHE: Natürlich wird der Blick auf die Pandemie, auf das zu ihrer Bewältigung Gelungene wie die sicher auch gemachten Fehler eine Rolle spielen. Entscheidend aber ist die Frage, wie wir unsere Heimat nach der Krise wieder stark für die Zukunft aufstellen!

Was sind die Lehren aus der Pandemie, und welche politischen Forderungen leiten Sie daraus ab?

GRÖHE: Wir brauchen eine kraftvolle Modernisierung unseres Staates auf allen Ebenen durch eine entschlossenere Digitalisierung, aber auch eine bessere Vorbereitung auf derartige Krisen. Zu der erforderlichen Modernisierung gehört auch eine stärkere Digitalisierung unsere Schulen und Hochschulen. Zur Einigung von Bund und Ländern auf eine milliardenschwere Unterstützung des Bundes für unsere Schulen durch den Digitalpakt konnte ich als Vorsitzender des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat einen Beitrag leisten. Da wünsche ich mir aber eine schnellere Umsetzung! Dass wir nun geregelt haben, dass Leistungen der Pflegeversicherung an Einrichtungen und Dienste eine Bezahlung der Pflegekräfte in Tarifhöhe erfordern, ist ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Menschen, die gerade in den letzten Monaten ganz besonders belastet waren.

Deutschland erlebt in diesen Monaten eine gesellschaftliche Wertedebatte in einem breiten Spektrum: Rassismus und Antisemitismus werfen ebenso Fragen auf wie Diffamierung, Ausgrenzung und Diskriminierung.  Wie lässt sich das gesellschaftliche Klima „entgiften”?

GRÖHE: Wir haben ja beides erlebt: großartigen Zusammenhalt und Achtsamkeit füreinander, aber auch eine Verschärfung, ja Vergiftung mancher Debatten. Gegen Hassreden und Antisemitismus haben wir zu Recht die Strafen verschärft. Mindestens genauso wichtig ist ein entschlossenes Eintreten aller Demokraten für gegenseitigen Respekt als Grundlage eines guten Miteinanders!

Ein Blick auf Umfragen und Koalitionen: Neben Schwarz-Grün und einem Jamaika-Bündnis von CDU, Grünen und FDP sind auch  Rot-Rot-Grün oder eine Ampel mit SPD, FDP, Grünen nach dem derzeit Stand der Umfragen nicht ausgeschlossen. Welches Bündnis würden Sie sich für die CDU wünschen und wie beeinflussen solche strategischen Überlegungen die Auseinandersetzung im Wahlkampf?

GRÖHE: Für mich ist klar: Nur eine starke CDU verhindert ein links geführtes Bündnis, dessen Eintreten für mehr Steuern, mehr Schulden und mehr Verbote unserem Land nicht guttäte! Wir werben nicht für eine Koalition, sondern für unsere Ideen für die Zukunft! Ausgeschlossen ist für uns die Zusammenarbeit mit der AfD oder den Linken. Deutschland braucht eine starke Mitte!

In einem Satz: Wie lautet Ihre politische Kernbotschaft?

GRÖHE: Darum geht es: Gemeinsam Zukunft gestalten!