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"Die Wahrheit ist: Es hakt allüberall an Verfahren"

Hermann Gröhe kritisiert die fehlenden Antworten der Ampel-Regierung im Gesetzesentwurf „zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung“ in seiner Rede im Deutschen Bundestag.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!

Zunächst Fakten gegen Märchen: Deutschland hat ein modernes Einwanderungsgesetz mit richtig guten Regelungen. Hier zitiere ich Hubertus Heil aus der Debatte vom 9. Mai 2019, wo er genau so das Gesetz beschrieb, das im März 2020 in Kraft getreten ist.

Dieses Gesetz ist eben keines nur zur Akademikereinwanderung, sondern selbstverständlich auch eines zur Einwanderung für beruflich Qualifizierte. Ich muss Hubertus Heils Gesetzgebung aus dem Jahr 2019 gegen die jetzt geäußerten falschen Behauptungen in Schutz nehmen. Das ist in der Tat spannend.

Deutschland kann aber nicht - und darüber müssen wir streiten - mit dem zufrieden sein, was wir bisher erreichen. Wir müssen bei der Fachkräftezuwanderung besser und vor allen Dingen schneller werden. Darüber sollten wir streiten. Aber dazu leistet Ihr Gesetz eben keinen Beitrag, meine Damen, meine Herren. Sie selbst haben die bisherigen Bestimmungen nicht evaluieren können und nennen im Gesetz die Coronapandemie als Grund dafür, dass das Gesetz seine Wirkung nicht entfalten könnte. Das kann man alles in Ihrem Gesetzentwurf nachlesen. Die Wahrheit ist: Es hakt allüberall an Verfahren.

Da schreibt eine Zeitung Ende des Jahres, dass in Frankfurt eine Bank das Ausländeramt wegen Untätigkeit verklagt, weil sie sich von einem dringend benötigten Mitarbeiter trennen müssen, weil der acht Monate lang auf seinen Antrag auf Visumsverlängerung überhaupt keine Antwort erhält. Die Zeitung schreibt nach einer Diskussion im Frankfurter Römer, es gebe 15 000 E-Mails, die nicht beantwortet werden. An dieser Eingangshürde ändert Ihr Gesetz nichts, meine Damen, meine Herren!

Annalena Baerbock sagt über das Verfahren, für die Menschen, die nach Deutschland zum Arbeiten und Studieren kommen wollen, wirke es abschreckend - eine interessante Bilanz der Arbeit - oder soll ich sagen: „der Untätigkeit“? - von Heiko Maas bei der notwendigen Ausstattung in den Visabehörden, aber ja offensichtlich auch von ihr in den letzten Monaten nicht geändert.

Meine Damen, meine Herren, wie widersinnig ist es, bei einem Antragsstau die Zahl der Antragsberechtigten massiv zu erhöhen?

Es geht nicht darum, dass wir die Qualifikationserfordernisse senken, sondern dass wir endlich schneller werden. Jetzt ist manches für die Visabehörden angekündigt worden - angekündigt! -; getan wurde bisher wenig. Aber es geht auch um die Ausländerbehörden vor Ort: Tausende Anträge, die nicht bearbeitet werden! Hierauf zielt unser Angebot, mit Ihnen zu reden über eine Digitalisierung, über eine Beschleunigung des Verfahrens. Wir wollen für die Qualifizierten, die wir brauchen, einladender werden. Sie wollen die einladen, die nicht qualifiziert sind.

Das ist der Unterschied, meine Damen, meine Herren.Da sind Sie auf dem völlig falschen Weg.

Wir brauchen diese Fachkräftezuwanderung, und wir wollen diese. Aber wir müssen - da gebe ich Ihnen recht - in diesem Land dafür auch ein Klima erhalten. Deswegen sage ich sehr deutlich: Die dumpfe Stimmungsmache von der äußersten Rechten gegen Zuwanderer weisen wir entschieden zurück. Das ist für uns völlig klar.

Aber, Frau Faeser, ich sage Ihnen auch: Wer die Hilferufe von Bürgermeistern und Landräten angesichts von irregulärer Zuwanderung missachtet, leistet diesem Klima ebenfalls einen Bärendienst. Und damit muss Schluss sein.

Wir wollen die Menschen aufnehmen, die uns wirklich brauchen, wenn sie ein Recht auf Schutz haben. Wir wollen die Menschen willkommen heißen, die wir wirklich brauchen. Dazu brauchen wir schnellere Verfahren.

Dazu brauchen wir wirkliche Fachkräftezuwanderung. Ihr Gesetz weist hier in die völlig falsche Richtung.

Vielen Dank.