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Berliner Notizen: Gesichter der Einsamkeit

„Su mansche sitz vielleisch allen zu Huss“ - Mit der schon von den „Bläck Fööss“ besungenen „Volkskrankheit“ Einsamkeit befasst sich Hermann Gröhe in seinen Berliner Notizen. Wir alle sind gefordert: Reden wir miteinander und helfen wir uns gegenseitig, damit sich kein Mensch dauerhaft verloren fühlt und aufgibt.

Liebe Leserinnen und Leser,

Einsamkeit hat kein Gesicht. Im Gegensatz zu Freude, Trauer, Schmerz, Aufregung verbinden wir mit Einsamkeit keinen Gesichtsausdruck, der sich eindeutig dem Gefühl zuordnen ließe. Gleichzeitig hat Einsamkeit doch viele Gesichter: Menschen können nach dem Verlust des Partners im Alter vereinsamen. Beruflich stark geforderte Menschen vernachlässigen oft private Kontakte. Jugendliche fühlen sich nicht verstanden, sei es von der Familie, den Freunden oder in der Schule. Familienbande können an Bedeutung verlieren. Seelische Erkrankungen verhindern oft die Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen. Weitere Beispiele ließen sich nennen. Denn Einsamkeit ist in der heutigen Welt weit verbreitet und die Corona-Pandemie hat diesen Trend noch verstärkt. Wie also umgehen mit dieser sozialen Herausforderung? Die Landesregierung hat in der Düsseldorfer Staatskanzlei die Stabsstelle „Demografischer Wandel und Einsamkeit“ eingerichtet, um der Einsamkeit entgegenzuwirken. Mit einer Studie wurde ein „Lagebild“ erstellt. Nach dem daraus entwickelten Aktionsplan geht man wissenschaftlich untermauert vor, um auch die richtigen Wege und Ansprachen für die unterschiedlichen Lebensumstände zu finden. So gibt es nun die „Online-Plattform Einsamkeit NRW“, auf der Unternehmungen, Vereine und Angebote in ganz Nordrhein-Westfalen gesammelt sind. Eine neue Anlaufstelle ist das „Silbertelefon“. Hier können ältere Menschen anonym und kostenlos anrufen, wenn sie sich einsam fühlen und Rat suchen. Und auch die CDU-Kreistagsfraktion hat jüngst vorgeschlagen, das Thema Einsamkeit im Rhein-Kreis Neuss entsprechend dem Aktionsplan des Landes NRW aufzugreifen. Richtig so, denn wir müssen über die Einsamkeit in der Mitte unserer Gesellschaft sprechen. Denn viele Menschen schämen sich wegen fehlender Bindungen an die Außenwelt.

Schon seit dem Jahr 1971 singen die Bläck Fööss in ihrem wunderbaren Lied „Drink doch ene met“ vom „ahle Mann“, der alleine vor der Tür einer Wirtschaft steht, in der die Stimmung großartig ist, und der gerne mitfeiern möchte, sich aber nicht hineintraut, weil er kein Geld hat. „Doch do kütt einer met enem Bier un sprich en einfach an: Drink doch eine met“ - diesen wachen Blick für die Situation anderer brauchen wir und den wünsche ich uns allen, im Beruf, in der Freizeit, im Kollegen- und im Bekanntenkreis, im Alltag eben und nicht nur mit einem Bier in der Hand! Brechen wir also das Schweigen! Reden wir miteinander und helfen wir uns gegenseitig, damit sich kein Mensch dauerhaft verloren fühlt und aufgibt.

Mit herzlichen Grüßen

Ihr Hermann Gröhe

https://www.land.nrw/einsamkeit / „Silbertelefon“: 0800 4 70 80 90 (Täglich von 8-22 Uhr)