Liebe Leserinnen,
liebe Leser,
diese Ausgabe meiner „Berliner Notizen“ möchte ich mit einer Zahl beginnen: der Zahl drei. Drei Menschen sterben jeden Tag bei uns in Deutschland, weil sie dringend ein Spenderorgan benötigen und nicht rechtzeitig die notwendige und lebensrettende Transplantation erhalten.
Im Bundestag beraten wir derzeit darüber, wie wir die Zahl der Organspenden in Deutschland erhöhen können und damit den Menschen helfen, die so sehnsüchtig auf ein neues Herz oder eine neue Lunge warten. Im Wesentlichen sprechen wir dabei über zwei Vorschläge. Nach der sogenannten Widerspruchslösung sollen grundsätzlich alle Bürgerinnen und Bürger als Organspender gelten – es sei denn, sie widersprechen. Auch die Angehörigen werden im Ernstfall gefragt. Ich lehne diesen Vorschlag ab. Die Widerspruchslösung stellt das Selbstbestimmungsrechts infrage, das auch derjenige nicht verliert, der keine Entscheidung trifft. Zudem setzt dieser Vorschlag nicht bei den vorhandenen Problemen an.
Der Knackpunkt bei der Organspende ist nämlich nicht die Spendenbereitschaft in der Bevölkerung. Diese liegt bei 84 Prozent. Es geht vielmehr darum, aus dieser Bereitschaft auch tatsächlich Organspenden werden zu lassen – und hier kommen die Krankenhäuser ins Spiel: Die meisten Organspender sind Unfallopfer, die auf der Intensivstation sterben. Es gilt, in solchen Situationen mögliche Spender schneller zu erkennen und mit den Angehörigen das Gespräch zu suchen. Hier haben wir in den vergangenen Jahren bereits viele Verbesserungen erreicht – diesen Weg sollten wir entschlossen fortsetzen.
Das sehen auch viele meiner Kolleginnen und Kollegen im Deutschen Bundestag so. Gemeinsam unterstützen wir deshalb den Gesetzentwurf zur „Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende“, der im Gegensatz zur Widerspruchslösung die Organspende als freiwillige Entscheidung beibehalten und die Beratung rund um dieses schwierige Thema ausbauen will. Wir sind überzeugt, dass den vielen Menschen, die auf ein Spenderorgan warten, damit am besten geholfen werden kann.
Zum Abschluss noch ein Hinweis: Schon heute gibt es viele gute Beratungsangebote zum Thema Organspende, zum Beispiel auf dem Internetportal https://www.organspende-info.de. Schauen Sie doch einmal rein!
Es grüßt Sie herzlich aus Berlin
Ihr
Hermann Gröhe
Foto: BDT / von Saldern