Pressemitteilung der CDU IM RHEIN-KREIS NEUSS:
Das Rheinische Revier ist derzeit das größte Braunkohlerevier Deutschlands. Ein großer Teil der betroffenen Region gehört zum CDU-Bezirksverband Niederrhein. In einem einstimmig beschlossenen Positionspapier, das unter maßgeblicher Beteiligung der CDU-Abgeordneten aus dem Rhein-Kreis Neuss entstanden ist, fordern die niederrheinischen Christdemokraten angesichts des vorgezogenen Kohleausstiegs einen beschleunigten Strukturwandel.
„Der Kohleausstieg ist ohne Zweifel die größte Herausforderung für unsere Region seit Jahrzehnten – sowohl wirtschaftlich und energiepolitisch als auch gesellschaftlich und räumlich. Nun ist der Ausstieg um acht Jahre vorgezogen worden, um die Belastungen für das Klima durch die zur Zeit deutlich erhöhte Braunkohleverstromung auszugleichen. Der Strukturwandel wird in dem halbierten Zeitraum aber nur gelingen, wenn in allen Bereichen mehr Tempo gemacht wird. Das gilt auch für die Ausschreibung wasserstofffähiger Gaskraftwerke. Wir brauchen den Turbo für den Strukturwandel jetzt“, so Hermann Gröhe, Bundestagsabgeordneter und Stellvertretender Vorsitzender des CDU Bezirksverbandes Niederrhein.
„Unsere Landesregierung hat sich zurecht vorgenommen, die Ausweisung von Entwicklungsflächen in den Kommunen und im Tagebauumfeld zügig voranzutreiben, um Arbeitsplätze zu sichern und geeignete Standorte für die industrielle Transformation nutzbar zu machen.“, erklärt Dr. Jörg Geerlings, Landtagsabgeordneter und 1. Stellvertretender CDU-Kreisvorsitzender der CDU im Rhein-Kreis Neuss.
„Statt der bisherigen im Bund kleinteilig organisierten und über die Ressorts verstreuten Förderung braucht es angesichts des vorgezogenen Ausstiegs einen integrierten und einheitlichen Förderansatz. Dazu ist eine schnelle Anpassung des Investitionsgesetzes Kohleregionen (InvKG) erforderlich. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen müssen so verbessert werden, dass die zur Verfügung stehenden bis zu 14,8 Milliarden Euro flexibel, unbürokratisch und effizient von der Region in Anspruch genommen werden können.“, artikuliert Ansgar Heveling, Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender der CDU im Rhein-Kreis Neuss, die Forderung der niederrheinischen Christdemokraten an die Bundesregierung.
„Angesichts der großen Herausforderung ist es auch unerlässlich, Fördermaßnahmen für Unternehmen zu ergreifen oder mindestens bundesrechtlich zu ermöglichen. Wir müssen die Wettbewerbsfähigkeit der gewerblichen, handwerklichen und industriellen Unternehmen, die bei uns im Revier ansässig sind, gewährleisten und Planungs- und Investitionssicherheit stärken. Hier müssen auf Bundesebene und in Europa die Rahmenbedingungen angepasst werden.“, lenkt der Landtagsabgeordnete Lutz Lienenkämper den Blick auf die Herausforderungen für die heimische Wirtschaft.
„Das A und O eines funktionierenden Strukturwandels ist eine gut ausgebaute Infrastruktur. Auch hier steht die Tagebauregion vor besonderen Herausforderungen. Hierfür müssen nicht nur die nötigen Mittel zur Verfügung gestellt werden, vielmehr müssen Planungs und Genehmigungsverfahren so beschleunigt werden, dass sie dem vorgezogenen Braunkohleausstieg gerecht werden und die Infrastruktur so schnell wie möglich ausgebaut werden kann.“, äußert die Landtagsabgeordnete Heike Troles mit Blick auf die großen Herausforderungen für die Infrastruktur.
Einig sind sich die Abgeordneten aus dem Rhein-Kreis Neuss: „Mit dem Vorziehen des Kohleausstiegs kommen allein aufgrund der zeitlichen Veränderung zusätzliche Herausforderungen beim Strukturwandel auf unsere Region zu. Darauf muss auf allen Ebenen reagiert werden. Insbesondere auf Bundesebene brauchen wir mehr Tempo und Veränderungen mit Blick auf den Strukturwandel.“
Positionspapier des Bezirksvorstands der CDU-Niederrhein
Vorgezogener Kohleausstieg verlangt beschleunigten Strukturwandel!
Die Energiepolitik in Deutschland befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel. In Nordrhein-Westfalen zeigt sich dieser Wandel derzeit nirgendwo so deutlich wie im Rheinischen Revier, dem größten Braunkohlerevier Deutschlands. Diese Region war in den vergangenen Jahrzehnten stets Garant für eine zuverlässige Energieversorgung. Nicht zuletzt aufgrund der jederzeit und zu relativ günstigen Preisen verfügbaren Energie haben sich im Rheinischen Revier viele Industrieunternehmen insbesondere aus dem energieintensiven Bereich angesiedelt und der Region eine enorme Wirtschaftskraft verliehen.
Der Braunkohlentagebau hat für die Menschen allerdings seit Jahrzehnten nicht nur Staub-, Licht-, Lärm-Emissionen, sondern auch den massiven Entzug des Grundwassers mit erheblichen Folgen für die niederrheinischen Feuchtgebieten bedeutet. Vor allem hat er aber Tausenden Menschen ihre angestammte Heimat genommen und zur Umsiedlung gezwungen. Angesichts dieses Landschaftsverbrauchs und des fortschreitenden Klimawandels steht fest, dass sich die Stromerzeugung in unserem Land wandeln muss. Konkret bedeutet das die Abkehr von fossilen Rohstoffen hin zum Ausbau der erneuerbaren Energien, insbesondere Photovoltaik und Windenergie. Der Bundestag hat infolge einer zwischen dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, dem Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen und der RWE AG gefassten Verständigung beschlossen, den Kohleausstieg im Rheinischen Revier auf das Jahr 2030 vorzuziehen. Durch die Beschleunigung des Kohleausstiegs konnte die CDU-geführte Landesregierung gemeinsam eine Reihe von Dörfern retten, indem sie die Abbaugrenzen und Mengen erheblich reduzierte. Dadurch vergrößert sich auch der Abstand bewohnter Gebiete zu den Tagebaukanten. Das ist ein echter Fortschritt für die Tagebauanrainer v.a. von Garzweiler II im Vergleich zu den bisherigen Planungen der früheren SPD-geführten Landesregierung.
Für das Rheinische Revier, die dort ansässigen Unternehmen und die dort lebenden und arbeitenden Menschen ist der Kohleausstieg ohne Zweifel aber die größte wirtschaftliche Herausforderung dieses Jahrzehnts – sowohl wirtschaftlich und energiepolitisch als auch gesellschaftlich und räumlich. Unsere Region, in der viele Menschen bis heute auch erhebliche Opfer für die Stromerzeugung und Versorgungssicherheit in Deutschland erbracht haben, darf mit den Folgen des Braunkohleausstiegs jetzt nicht alleine gelassen werden.
Die Landesregierung hat sich daher zurecht vorgenommen, die zügige Ausweisung von Entwicklungsflächen in den Kommunen und Tagebauumfeldern zur Sicherung von Arbeitsplätzen und als geeignete Standorte für die industrielle Transformation im Rheinischen Revier voranzutreiben.
Der CDU-Bezirk Niederrhein schließt sich dem CDU-Bezirk Mittelrhein an und fordert, dass auf allen Ebenen Maßnahmen ergriffen werden, um
- die Versorgungssicherheit bis 2030 und darüber hinaus auch ohne die Nutzung der Braunkohle dauerhaft zu gewährleisten, insbesondere
- eine deutliche Erhöhung des Ausbautempos der Wind- und Sonnenenergie,
- ein schnelleres Tempo beim Ausbau des Stromnetzes,
- die verstärkte Nutzung von Gas- und Wasserstoffimporten aus dem nahegelegenen Ausland (Belgien und Niederlande) und
- ein dauerhaftes und engmaschiges Monitoring der energiewirtschaftlichen Situation im Rheinischen Revier;
- sicherzustellen, dass die benötigte Energie nicht nur planbar und verlässlich, sondern auch zu bezahlbaren und – mit Blick auf die Industrie vor Ort – zu international wettbewerbsfähigen Preisen zur Verfügung gestellt wird und
- die für die Flankierung der Beendigung der Kohlegewinnung und -verstromung ergriffenen strukturpolitischen Maßnahmen im Rheinischen Revier zu beschleunigen, insbesondere mit Blick auf Wertschöpfung und die Schaffung neuer Arbeitsplätze im Revier.
Ferner erwarten wir, dass die Wiederherstellung der Attraktivität und Lebensqualität in allen Teilen des rheinischen Reviers und insbesondere der Gebiete um die Tagebaue sowie der Tagebauflächen zu einer Priorität in der Landesplanung wird. Um diese Ziele zu erreichen, fordern wir die Bundesregierung auf,
- im Sinne der Versorgungssicherheit die angekündigte Ausschreibung wasserstofffähiger Gaskraftwerke zeitnah auf den Weg zu bringen,
- Fördermaßnahmen für Unternehmen zu ergreifen oder mindestens bundesrechtlich zu ermöglichen, um die Wettbewerbsfähigkeit der im Rheinischen Revier ansässigen gewerblichen, handwerklichen und industriellen Unternehmen sowohl national als auch international zu gewährleisten und Planungs- und Investitionssicherheit zu schaffen,
- die gesetzlichen Rahmenbedingungen des Investitionsgesetzes Kohleregionen (InvKG) für den Einsatz der für das Rheinische Revier vorgesehenen Strukturhilfen in Höhe von bis zu 14,8 Mrd. Euro so zu verbessern und anzuwenden, dass die Mittel flexibel, unbürokratisch und effizient von der Region in Anspruch genommen werden können,
- die ebenfalls betroffenen Zulieferunternehmen zielgerichtet zu unterstützen, zum Beispiel bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle und der Qualifizierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
- Planungssicherheit für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Tagebauen und Kraftwerken durch die Fortentwicklung des Anpassungsgeldes an die Rahmenbedingungen des beschleunigten Kohleausstiegs zu schaffen und
- Planungs- und Genehmigungsverfahren insgesamt zu beschleunigen, insbesondere für die Planung und Genehmigung von großen Infrastrukturmaßnahmen.
- Zusätzliche finanzielle Mittel und weitere bundesseitige Unterstützung für die Revitalisierung der fünf geretteten Dörfer des dritten Umsiedlungsabschnittes, deren Flächen nicht mehr benötigt werden, bereitzustellen.
- Die Voraussetzungen dafür zu schaffen, das Revier-Wasserwirtschaftssystem umgehend an die veränderten Bedingungen anzupassen, die Realisierung der geplanten Verkehrs- und Energieinfrastrukturmaßnahmen deutlich zu beschleunigen und ebenfalls an die veränderten Bedingungen anzupassen. Dabei ist gerade auch eine Priorität des Schutzes von Naturschutzgebieten und Erhalt der ökologischen Gebiete in der Wasserversorgung zu berücksichtigen
- Dem Land Nordrhein-Westfalen und den Anrainerkommunen zur Bewältigung der mit dem beschleunigten Kohleausstieg verbundenen Aufgaben zusätzliche finanzielle Unterstützung zukommen zu lassen. Dies gilt insbesondere für einen erhöhten zeitnahen personellen und finanziellen Mehrbedarf bei der kommunalen Rahmenplanung und der Betreuung von Unternehmensneuansiedlungen, um die mittel- und langfristigen Folgen über das Jahr 2030 hinaus zu berücksichtigen. Der Finanzbedarf der Kommunen ist auch dahingehend zu überprüfen, ob mit den derzeitig zugesagten Finanzmitteln die Aufgaben, insbesondere im Bereich des Wasserhaushalts bis zum Zieljahr ausreichend finanziert sind. Zusätzliche Finanzmittel sind bei Bedarf ebenfalls bereitzustellen.
- Mit der Europäischen Kommission eine beihilferechtliche Absicherung der Strukturwandelhilfen sicherzustellen.