Organspende stärken – Freiwilligkeit erhalten!

Jeden Tag sterben in Deutschland drei Menschen, weil sie nicht rechtzeitig ein Spenderorgan erhalten. Viele rutschen zudem von der Warteliste, weil ihr Körper bereits zu sehr geschwächt ist für eine Transplantation.

 

Wir brauchen also entschiedene Anstrengungen, um die Transplantationszahlen in Deutschland zu erhöhen. Gleichwohl ist es wichtig, sehr genau zu schauen, was die richtigen Schritte sind, um die Situation in der Organspende zu verbessern.

 

Wir sind der Überzeugung, dass die sogenannte „doppelte Widerspruchslösung“ dabei nicht der richtige Weg ist. Demnach sollen grundsätzlich alle Bürgerinnen und Bürger als Organspender gelten – es sei denn, es wird widersprochen. Dieser Vorschlag setzt jedoch nicht bei den vorhandenen Problemen an. Zudem befindet er sich im Widerspruch zu grundlegenden Prinzipien der Medizinethik und der Patientenrechte.

 

Das Selbstbestimmungsrecht hat eine zentrale Rolle in unserer Rechtsordnung. Es ist in Artikel 2 unseres Grundgesetzes verankert – und steht jedem Menschen zu. Wir müssen es uns nicht erst verdienen. Das Selbstbestimmungsrecht ist der Ausgangspunkt aller Überlegungen in der Medizinethik und dem Patientenrecht. Die doppelte Widerspruchslösung stellt dies grundsätzlich infrage. Wir dagegen sagen deutlich: Auch wer sich der schwierigen Entscheidung zur eigenen Organspendebereitschaft verweigert, verliert nicht sein Selbstbestimmungsrecht!

 

Es wird viel darüber diskutiert, wie die Spendenbereitschaft gesteigert werden kann. Die grundsätzliche Bereitschaft zur Organspende liegt bei uns aber bereits heute beachtlich hoch – in 2018 bei 84 Prozent. Auch die Zahl der Inhaber von Organspendeausweisen hat sich in den letzten Jahren von 22 auf 36 Prozent deutlich gesteigert. Beide Zahlen sind sehr wichtig, denn schon heute erfolgt eine große Zahl von Organentnahmen aufgrund der Auskunft der Angehörigen im Hinblick auf den vermuteten Willen der betroffenen Personen. Insofern: Wiewohl der Ausweis das Ganze erleichtert, ist diese positive Einstellung von großer Bedeutung.

 

Der Knackpunkt bei der Organspende ist also nicht die Spendenbereitschaft in der Bevölkerung. Es geht vielmehr darum, die vorhandene Zustimmung in tatsächliche Organspenden umzusetzen. Wir müssen daher in den Krankenhäusern ansetzen, wie auch die Erfahrungen anderer Länder zeigen. Wir müssen bei der Feststellung möglicher Organspender besser werden.

 

Die Organspende ist in Deutschland aus guten Gründen nur im Fall des Hirntods eines Patienten erlaubt. Die Mehrheit der Organspender sind Unfallopfer, die auf der Intensivstation sterben. In 2018 haben laut der offiziellen Zahlen der Deutschen Stiftung Organtransplantation 955 Menschen 3.113 Organe gespendet. Der Zahl von 955 Organspendern steht die Zahl von 1.416 Menschen entgegen, die für eine Organspende in Frage kamen. Die Quote der Spender lag somit bei 67 Prozent. Abzüglich von 9 Prozent der Fälle, in denen eine Spende aus unterschiedlichen Gründen nicht in Frage kam, blieben somit 24 Prozent der Fälle (340 Fälle), in denen durch die Angehörigen keine Zustimmung zur Organspende erteilt wurde. Aber auch hier gibt es eine erfreuliche Entwicklung: 2013 lag die Zahl dieser abgelehnten Organspenden noch bei 30 Prozent.

 

Als Mitglieder der Fraktionen der Regierungskoalition und ehemalige Bundesgesundheitsminister freuen wir uns darüber, dass bereits in den Koalitionsvereinbarungen 2018 wichtige Schritte zur Verbesserung in Bereich der Organspende vereinbart und vom Bundesgesundheitsministerium zügig umgesetzt wurden. Bereits zum 1. April dieses Jahres trat das „Gesetz zur Verbesserung der Zusammenarbeit und der Strukturen bei der Organspende“ in Kraft. Es stärkt die Rolle der Transplantationsbeauftragten in den Krankenhäusern. Sie sind nicht in die Behandlung der Patienten eingebunden und kümmern sich um die organisatorischen Aufgaben rund um die Organspende. Dazu gehört auch, in der belastenden Phase des Abschiednehmens das einfühlsame Gespräch mit den Angehörigen über eine mögliche Organspende ihres sterbenden Familienangehörigen zu führen.

 

Diesen Weg gilt es entschlossen fortzusetzen. Der von uns unterstützte Gesetzentwurf zur „Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende“ macht hier viele richtige Vorschläge.

 

Die Organspende ist ein Geschenk aus Liebe zum Leben. Das setzt Freiwilligkeit und Zustimmung voraus. Dabei sollte es bleiben.