Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Lage auf dem Arbeitsmarkt ist - ich zitiere - „äußerst besorgniserregend“; so formuliert es der Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Bernd Fitzenberger. Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht über Personalabbaupläne von Unternehmen berichtet wird: BASF, SAP, thyssenkrupp, VW, ZF usw. Die Großen machen Schlagzeilen, die Kleinen gehen oder entlassen leise.
In kaum einer Woche rede ich nicht mit Vertreterinnen und Vertretern der Unternehmen, Betriebsräte, Gewerkschaften über die Sorgen der Belegschaften. Da geht es um einen sich beschleunigenden Abbau von Produktionsstätten, da geht es immer wieder um das Stichwort „Deindustrialisierung“. Lieber Hubertus Heil, Ihnen fällt dazu nur ein, dass es Managementfehler gibt. Ich sage Ihnen: Die IGBCEler, die zu mir kommen, reden zuallererst über das Versagen der Regierung bei der Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit der Rahmenbedingungen in Deutschland!
Die sitzen mit ihren Managern zusammen und versuchen, in der schwierigen Zeit so lange wie möglich alle Mann an Deck zu halten, weil sie auf bessere Zeiten - Zeiten nach der Ampel - hoffen. Dass Sie nicht über eigenes Versagen reden, sondern auf Fehlentscheidungen anderer verweisen, zeigt, dass Sie an der Realität vorbeigehen.
Die Unsicherheit in diesem Land wird doch dadurch verschärft, dass diese Koalition in der zentralen Frage, wie wir dieses Land wieder auf Wachstumskurs bringen, wie wir den Arbeitsmarkt wieder in Schwung bringen, fundamental auseinanderklafft. Die einen wollen Wachstumsbremsen lösen - richtig so! -, die anderen die Schuldenbremse - ein Irrweg. Sie sind sich in zentralen Punkten nicht einig.
Und der Bundeskanzler sagt vorwurfsvoll in Richtung Wirtschaft, die Lage sei viel besser als die Stimmung. Meine Damen, meine Herren, Sie plakatieren „Respekt“, aber Sie praktizieren Realitätsverweigerung, und das ist das Gegenteil von Respekt.
Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sich von Ihnen verschaukelt fühlen, wenden sich in Scharen von der SPD ab und rennen leider auch zu Parteien an den Rändern des politischen Spektrums.
Ihre Arbeitsmarktpolitik müsste jetzt einen Beitrag zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit leisten. Was tun Sie? Sie verweigern sich der notwendigen Flexibilisierung der Arbeitszeit und betreiben die Politisierung des Mindestlohns, das ist Gegenteil von dem, was jetzt eine gute wirtschaftliche Entwicklung in unserem Land brauchen würde.
Sie schwächen damit die Chancen auf Vermittlung in Arbeit. Der Bundesrechnungshof spricht von einem historisch niedrigen Niveau, wenn es um die Chance der Vermittlung von Arbeitslosen in Arbeit geht.
Lassen Sie mich auch etwas zum Thema Bürgergeld sagen; einer der führenden Genossen hat dies neulich auch als eine Ursache für Vertrauensverlust ausgemacht. Ich will noch mal gegen Geschichtsklitterung klarstellen: Wir haben hier im Deutschen Bundestag gegen das Ampelgesetz gestimmt. - Zweite, dritte Lesung im November 2022; gucken Sie nach; da haben wir dagegengestimmt. Es gab ein Vermittlungsverfahren, dem Ergebnis haben wir zugestimmt. - Sie regen sich auf; das verstehe ich.
Ich erkläre es jetzt: Wir haben dem Ergebnis des Vermittlungsverfahrens zugestimmt. Sie haben übrigens das Vermittlungsergebnis inzwischen mehrmals unzureichend korrigiert. - Ja, es tut weh; es muss aber mal gesagt werden.
Wir haben im Vermittlungsverfahren gesagt: Der Name „Bürgergeld“ ist falsch. Sie haben jedes Gespräch darüber schroff zurückgewiesen.
Jetzt war Axel Schäfer im Jobcenter in Bochum und kommt raus und sagt der erstaunten Presse: Der Name ist falsch.
Das haben wir Ihnen gesagt. Sie haben jedes Gespräch darüber abgelehnt.
Ich möchte es einmal so sagen: Die Einzigen, die noch über ihre Reformen schwärmen, sind bezahlte Werbeagenturen Marke Eigenlob und Söhne.
Das sind die, die noch von Ihren Reformen schwärmen. Sie tun das Gegenteil von dem, was nötig ist. Deswegen sind es Luftbuchungen, wenn Sie glauben, beim Bürgergeld einsparen zu können. Natürlich kann man durch Vermittlung in Arbeit sparen, wenn man die Wirtschaft wieder in Schwung bringt; aber da versagen sie.
Zur Rentenpolitik werden sicher Kolleginnen und Kollegen sprechen. In der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik waren die Ampeljahre verlorene Jahre. Es ist auch hier Zeit für einen Neuanfang.