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Bundespolitik aus dem Homeoffice
Einblicke bei den Bundestagsabgeordneten Hermann Gröhe (CDU) und Bijan Djir-Sarai (FDP).
VON ANDREAS BUCHBAUER
RHEIN-KREIS | Als Bundestagsabgeordnete sind Bijan Djir-Sarai (FDP) und Hermann Gröhe (CDU) in der Regel ständig unterwegs. Zurzeit aber machen sie mehr Meter als Kilometer – ihre Arbeit findet im Wesentlichen aus dem Homeoffice statt. Von dort aus nehmen sie an Sitzungen teil, die statt in Besprechungsräumen im Reichstag oder Paul-Löbe-Haus nun via Videokonferenz abgehalten werden. Das klappt auch gut, nur sehen beide Abgeordnete dies lediglich als eine Lösung auf Zeit. „Ich bin überzeugt, dass die Digitalisierung gerade einen Riesensprung in der alltäglichen Arbeit macht und vieles davon bleiben wird. Video- und Telefonkonferenzen – das funktioniert alles gut“, sagt Bijan Djir-Sarai. Aber ohne persönlichen Kontakt, zum Beispiel zu Bürgern und Vereinen, funktioniere die Arbeit eines Abgeordneten auf Dauer nicht.“
Das sieht auch Hermann Gröhe so. Das letzte Mal in Berlin war er in der Sitzungswoche Ende März, als das Parlament die Corona-Hilfen für die Wirtschaft auf den Weg gebracht hat. Telefon- und Videokonferenzen bestimmen seither den Alltag, der Austausch mit Kollegen und Ministern bis hin zur Bundeskanzlerin erfolgt momentan auf digitalem Weg von Neuss aus. Natürlich hat das Homeoffice für die beiden Abgeordneten auch positive Seiten. Im „normalen“ Polit-Alltag muss die Familie oft hinten anstehen und sieht sie mitunter häufiger im Fernsehen als zu Hause im Wohnzimmer. WhatsApp statt gemeinsamer Kaffee in der Küche, Telefonat statt Plausch beim Abendbrot. Jetzt aber ist das Abgeordnetenbüro gleich nebenan, und auch wenn die Arbeitsintensität kaum nachlässt – vor allem das Reisen und die Außer-Haus-Termine fallen weg –, sehen beide ihre Familien regelmäßig. „Es ist schön, die Familie um sich zu haben“, sagt Gröhe.
Auf der anderen Seite sind die Aufgaben an die Politik angesichts der Corona-Pandemie derzeit gigantisch. Fünf-Stunden-Videokonferenzen sind keine Seltenheit, oft folgen mehrere Schalten aufeinander. Aber das Homeoffice ermöglicht es auch, geografische Grenzen per Mausklick wegzuwischen. Am Dienstag zum Beispiel nahm Bijan Djir-Sarai zunächst an einer Videokonferenz seiner Bundestagsfraktion teil, bei der ein Virologe zugeschaltet war und seine Expertise zum Coronavirus schilderte. Das wäre normalerweise räumlich in Berlin geschehen, nun fand der Austausch im virtuellen Raum statt. Unmittelbar danach schaltete sich Djir-Sarai via Laptop in die Aufsichtsratssitzung des Rheinland Klinikums. Tagungsort wäre normalerweise im Rhein-Kreis gewesen.
Auch der Austausch mit den Bürgern erfolgt derzeit vor allem digital, zum Beispiel via Social Media. „Da melden sich zum Beispiel Unternehmer aus dem Wahlkreis, die ihre Nöte angesichts des Coronavirus und der Folgen schildern. Oder Bürger, die zum Beispiel einen schwerkranken Menschen derzeit nicht besuchen dürfen und gerne für ihn da wären“, sagt Gröhe. Neben wirtschaftlichen Themen seien es auch die menschlichen Schicksale, die bewegen. Er sucht die Nähe, soweit derzeit möglich. „Telefon und Laptop sind gerade die wichtigsten Instrumente“, sagt Gröhe. Für die Menschen da sein und die richtigen Entscheidungen zur Bewältigung der Corona-Pandemie treffen – das sind jetzt die wichtigsten Aufgaben für die beiden Bundestagsabgeordneten. Damit auch wieder persönliche Treffen möglich sind.