Äthiopien ist mit rund 125 Millionen Einwohnern das Land Afrikas mit der zweitgrößten Bevölkerung. Zugleich gehört Äthiopien zu den ärmsten Ländern der Welt, sind zwanzig Prozent der Bevölkerung auf internationale humanitäre Hilfe angewiesen. Gewaltsame Konflikte zwischen der Zentralregierung des Vielvölkerstaates und einzelnen Völkern sowie eine zunehmend autoritär agierende Regierung erschweren die humanitäre Hilfe und den Aufbau des Landes. Dies wurde Hermann Gröhe in intensiven Gesprächen mit Vertreterinnen und Vertretern deutscher und internationaler Hilfsorganisationen eindringlich geschildert. Über die innenpolitische Lage sprach der Neusser Bundestagsabgeordnete sowohl mit Vertretern der alles beherrschenden Regierungspartei, darunter Parlamentspräsident Tagesse Chafo, als auch mit der Vorsitzenden der Nationalen Menschenrechtskommission Rakeb Aberra sowie Vertretern der Opposition. Hatte eine politische Öffnung vor fünf Jahren noch große Hoffnungen geweckt, so werden regierungskritische Parteien, Medien und zivilgesellschaftliche Aktivitäten inzwischen immer stärker beschnitten. Mit mehrjährigen Haftstrafen für politische Gefangene und Massenverhaftungen zur Einschüchterung der Bevölkerung geht die Regierung immer härter vor, um den eigenen Machtanspruch durchzusetzen.
Doch es gibt auch Zeichen der Hoffnung in Äthiopien. Dazu gehört die Arbeit der vor 52 Jahren gegründeten „German Church School“, die von der deutschsprachigen evangelischen Gemeinde in Äthiopien getragen wird. Rund dreihundert Kinder aus den ärmsten Familien der Umgebung erhalten hier eine Schulbildung, die zu den besten in Äthiopien zählt. Die Kinder, die nach der achten Klasse eine Ausbildung machen oder weiterführende Schulen besuchen, werden weiter gefördert. Besonders beeindruckend: Rund zehn Prozent der Kinder sind blind oder gehbehindert. Hermann Gröhe: „Es hat mich bei meinem Besuch sehr bewegt, von ehemaligen und aktuellen Schülerinnen und Schülern zu hören, was sie der Schule verdanken und welche Träume sie für ihre Zukunft haben! Die Chancen der Jugend entscheiden über die Zukunft unseres Nachbarkontinents Afrika!“
Addis Abeba ist auch der Sitz der Afrikanischen Union, des Zusammenschlusses aller afrikanischen Staaten. Deren Arbeit erörterte Hermann Gröhe mit zwei der sechs Mitglieder der AU-Kommission in ausgiebigen Gesprächen. Die Herausforderungen der wirtschaftlichen Integration des afrikanischen Kontinents und die Bedeutung der kürzlich erfolgten Aufnahme der AU in die Staatengemeinschaft der G 20 prägten den intensiven Austausch mit AU-Handelskommissar Albert Muchanga. Fragen der nachhaltigen Ernährungssicherheit, aber auch Probleme bei innerafrikanischen Lieferketten erörterte Gröhe mit der Landwirtschafts- und Entwicklungskommissarin Josefa Sacko in ihrer Residenz. Seit 2017 ist das „Africa Centres for Disease Control and Prevention“ als panafrikanische Gesundheitsbehörde auch mit Unterstützung des deutschen Robert-Koch-Instituts aufgebaut worden und hat bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie eine ganz wichtige Arbeit geleistet. Darüber sprach Gröhe mit Dr. Benjamin Djoudalbaye, dem Leiter der Abteilung für Gesundheitspolitik des Africa CDC.