Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Die Grundrente kommt, und das ist eine gute Nachricht für dieses Land.
Das ist eine gute Nachricht nicht nur für die 1,3 Millionen Menschen, die mittelfristig diese zusätzliche Unterstützung und berechtigte Aufwertung ihrer Rente bekommen, sondern das ist auch eine gute Nachricht für diesen Sozialstaat insgesamt und für dieses Land.
Ja, es ist eine spürbare Aufwertung, wenn Menschen in Zukunft im Durchschnitt 900 bis 1 000 Euro im Jahr mehr haben. Für Menschen, die jeden Cent umdrehen müssen, ist dies wahrlich eine spürbare Unterstützung. Menschen - Hubertus Heil hat Beispiele genannt -, die in einem Blumengeschäft, die in einem Friseursalon - häufig sind es Frauen - für weniger als die Hälfte des Durchschnittsverdienstes gearbeitet haben und bisher eine Rente von gut 500 Euro haben, haben in Zukunft eine Rente von gut 900 Euro. Das sind fast 5 000 Euro mehr im Jahr. Dies haben diese Menschen wahrlich verdient, meine Damen, meine Herren.
Ja, wir haben darum gerungen, nicht erst in dieser Legislaturperiode, nicht nur in dieser Koalition, sondern schon länger, weil es in der Tat um das Zusammenführen unterschiedlicher Prinzipien geht. Es geht darum, Leistungsgerechtigkeit und Bedarfsgerechtigkeit klug zusammenzubringen. Ja, es ist wichtig - darauf legen wir als Union Wert -, die Rente als beitragsbezogene Leistung zu verstehen. Sie ist eben nicht Wohltat des Staates, sondern durch eigenen Beitrag erworbenes Recht.
Daran wollen wir festhalten. Deswegen ist uns die Beitragsbezogenheit wichtig.
Wenn man die Beitragsbezogenheit zugunsten der einen Gruppe und damit ja immer auch zur Nichtbegünstigung anderer verändert, dann muss man dies gut begründen. Deswegen haben wir gesagt: Gießkanne ist zwar einfach, aber sie ist eben auch ungerecht. Deswegen muss zielgenau ein Bedarf festgestellt werden. Ich freue mich, dass Karl-Josef Laumann hier ist. Er war einer der Ersten, der gesagt hat: Dabei muss es um den Blick auf die Einkommenssituation gehen. Das steht jetzt in diesem Gesetz. Das ist ein gutes und starkes Stück christlich-sozialer Handschrift, meine Damen, meine Herren.
Ja, Prüfung, Bedarfsfeststellung bedeutet Aufwand. Schon vor zehn Jahren haben wir von denen, für die das Aufwand bedeutet, gehört: Sie leisten lieber, als dass sie prüfen. Das ist so. Das ist übrigens auch menschlich verständlich. Aber es ist wichtig, dass wir uns zu dem Aufwand bekennen. Denn „Unkompliziert, aber ungerecht“ wäre nicht der bessere Weg.
Wir haben in der ersten Lesung sehr bewusst gesagt: Wenn dies solch einen großen Aufwand bedeutet, dann müssen wir auch ins Gesetz selber schreiben, dass es stufenweise umgesetzt werden kann. Wir wollen Transparenz. Neurentenzugänge und Renten im bisherigen Rentenbestand - über 20 Millionen Renten müssen geprüft werden - werden automatisiert im Hinblick auf einen Anspruch auf Grundrente geprüft; mit ersten Auszahlungen ist ab Sommer des nächsten Jahres zu rechnen. Dass diese Prüfungen bis Ende des Jahres 2022 Zeit brauchen, ist beschlossen worden und steht im Gesetz. Ich glaube, solche Transparenz ist wichtig.
Lassen Sie mich etwas zu den Finanzfragen sagen. Ja, natürlich wird in verschiedenste Richtungen sehr wurschtig und maßlos damit umgegangen. Die einen sagen: So, jetzt herrscht Corona. Da kann man sich das alles nicht mehr leisten. Es ist nicht sehr überzeugend, dass wir das sozusagen an den Rentnern mit den kleinsten Renten auslassen. Es ist umgekehrt auch nicht überzeugend, wenn man sagt: Wir geben jetzt so viel Geld zur Bewältigung der Coronakrise aus, was fällt euch ein, nachzufragen, woher wir das Geld für die Grundrente nehmen?
Ich hätte mir gewünscht, der Finanzminister hätte die Debatte nicht nur markig von der Seite kommentiert, sondern kraftvoll geliefert. Da wird nachzulegen sein. Aber nur weil die Angaben zur Finanzierung jetzt nicht auf dem Tisch liegen, machen wir die Rentnerinnen und Rentner nicht zu Leidtragenden; vielmehr wird das im Rahmen des Haushaltsaufstellungsverfahren nachzuliefern sein.
Wichtig ist: Es ist keine beitragserhöhende Leistung aus dem Beitragstopf, sondern es wird über den Bundeshaushalt finanziert werden. Da sage ich sehr offen: Wir reden über 1,3 Milliarden Euro. Die einen reden die Leistungen klein. Die anderen reden die Belastungen riesig groß. Die AfD kann gleich beides:
Es ist ja viel zu wenig, aber viel zu teuer, und die Erde ist eine Scheibe.
Es ist verantwortbar. Es ist zielgenau. Deswegen werden wir uns das leisten können. Es gibt einen Bundeszuschuss in die Rentenversicherung von insgesamt ungefähr 100 Milliarden Euro. Dieser ist übrigens über die letzten Jahre - auch das sei bei manchem Alarmismus gesagt - gemessen am Anteil am Bruttoinlandsprodukt ziemlich gleichbleibend.
Wir werden uns 1,3 Milliarden Euro leisten können. Wir werden das solide darstellen, und ich halte das für richtig.
Wir haben in den letzten Tage noch einmal gehört: Es bedarf mehr, um gegen Altersarmut vorzugehen. Das stimmt. Die Grundrente ist ein wichtiger Baustein, so wie die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein wichtiger Baustein ist, damit nicht erzwungene Teilzeitarbeit, unfreiwillige Teilzeitarbeit, gerade von Frauen, in Altersarmut endet. Deswegen haben wir im ersten Rentenpaket die Erwerbsminderungsrente verbessert. Deswegen gehen wir noch in diesem Jahr das Thema Selbstständige und Altersvorsorgepflicht an. Denn alle Bausteine zusammen sind notwendig, um unseren Sozialstaat mit Maß und Mitte so auszubauen, dass Menschen, die dringend eine Rentenverbesserung im Alter brauchen, sie auch bekommen.
Wir freuen uns und stimmen gerne dieser Grundrente zu.