Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Das Ziel, dass Menschen, die ihr Leben lang hart gearbeitet haben, oft bei einem nur geringen Entgelt - es ist darauf hingewiesen worden: das trifft überproportional Frauen und überproportional Menschen in den neuen Ländern -, in Zukunft eine bessere Rente erhalten, eint uns und ist ein gemeinsames Anliegen; ich glaube übrigens nicht nur dieser Koalition, sondern auch darüber hinaus.
Dass dies zukünftig für rund 1,3 Millionen Menschen gilt und dass dazu beispielsweise auch die eben genannte Floristin gehören wird, die nach 40 Jahren Arbeit bei ungefähr 40 Prozent des Durchschnittslohnes und damit heute bei einer Rente von gut 500 Euro liegt, in Zukunft über 900 Euro bekommt, ist eine gute Nachricht und eine verdiente Rente für harte Arbeit.
Dazu bekenne ich mich ausdrücklich.
Ich will nicht verhehlen, dass wir auf dem Weg zur heutigen ersten Lesung natürlich um einen Kompromiss gerungen haben.
Über diesen Kompromiss sagt der Vorsitzende des Sozialbeirats der Bundesregierung, dieser Kompromiss sei eine vernünftige Lösung. Er bezieht sich ausdrücklich darauf, dass die Menschen in diesem Land Leistungsgerechtigkeit und Bedarfsgerechtigkeit wollten. Genau das war unser Anliegen als Union: Leistungsgerechtigkeit, Anerkennung von Lebensleistung bei gleichzeitigem Blick auf den realen Bedarf.
Es war Karl-Josef Laumann, der in diesem Zusammenhang sehr früh den Blick auf den Einkommensabgleich als das entscheidende Kriterium einer zielgenauen Grundrente gerichtet hat. Ja, Gießkanne ist immer unkompliziert. Gießkanne ist aber auch ungerecht. Sie ist am Ende auch unfinanzierbar. Deswegen haben wir nie einen Zweifel daran gelassen: Gießkanne ist mit uns nicht zu machen.
Wir wollen keine neue Ungerechtigkeiten schaffen. Wir wollen bei bestimmten Einkünften die Rente aufwerten. Dies muss mit der Beitragsbezogenheit in Einklang gebracht werden, und deswegen sollen hohe Einkommensbezieher keine Aufwertung ihrer Rente bekommen. Durch den Einkommensbezug und den Freibetrag vermeiden wir Ungerechtigkeiten,
und wir verhindern Unfinanzierbarkeit. Eine ja auch vorgeschlagene Grundrente ohne jede Zielgenauigkeit und Bedarfsprüfung würde mehr als 5 oder 6 Milliarden Euro im Jahr kosten.
Mit dem hier vorgelegten Gesetzentwurf reden wir über ungefähr 1,4 Milliarden Euro. Das heißt, diese Grundrente ist zielgenau und finanzierbar. Das ist wichtig; denn unser Rentensystem steht angesichts der demografischen Entwicklung vor großen Herausforderungen. Auch wünschenswerte Leistungsverbesserungen müssen sich deswegen am Kriterium der Zielgenauigkeit orientieren, meine Damen, meine Herren.
Ich will auf einen weiteren Punkt hinweisen, der uns sehr wichtig ist. Im Rahmen dieses Gesetzes wird in der Grundsicherung ein Freibetrag für langjährig Versicherte eingeführt. Das ist wichtig. Das stärkt die gesetzliche Rentenversicherung und die sozialversicherungspflichtige Arbeit als Beitrag zur Eigenvorsorge fürs Alter, die wir anerkennen. So, wie wir beim Betriebsrentenstärkungsgesetz gesagt haben: „Eine durch Betriebsrente oder private Altersvorsorge getätigte Eigenvorsorge muss durch Freibeträge in der Grundsicherung anerkannt werden“, so vollziehen wir dies hier für sozialversicherungspflichtige Tätigkeit und Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung nach. Dies ist ein wichtiger, ein guter Schritt.
Meine Damen, meine Herren, es ist über Fragen der technischen Umsetzung gesprochen worden. Ja, es ist eine Herausforderung, Daten aus der Finanzverwaltung und der Rentenversicherung zusammenzuführen. Aber ich will ausdrücklich sagen, auch um einer Legendenbildung vorzubeugen: Die Rentenversicherung hat deutlich gemacht: Es ist die Erfassung der Grundrentenzeiten und nicht der Einkommensabgleich, die hinsichtlich der Umsetzung eine zeitliche und technische Herausforderung darstellt. Diese ist unabhängig von der Frage, welche Einkommensprüfung man will.
Wir halten es für richtig, dass deswegen die Bundesregierung in einer Gegenäußerung zum Bundesrat deutlich gemacht hat: Es wird gerade für Bestandsrentner, bei denen wir natürlich auch eine Bedarfsfeststellung brauchen, was das Gesetz auch ausdrücklich vorsieht, so laufen, dass wir hier eine gestaffelte Einführung bekommen werden. Ich glaube, wir brauchen im Gesetzgebungsverfahren noch Schritte, um deutlich zu machen, was das heißt: für die Betroffenen Transparenz und Klarheit, aber auch Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Rentenversicherung im Hinblick auf das, was sie leisten können.
Schließlich sei auch die Finanzierung angesprochen. Ja, Gewolltes, Wünschenswertes muss finanzierbar sein. Deswegen habe ich etwas zu der Zielgenauigkeit gesagt. Deswegen haben wir als Kompromiss der Koalition verabredet: Die Grundrente muss steuerfinanziert sein, nicht beitragsfinanziert; und das ist richtig. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
Der Finanzminister hat Einnahmen aus einer in Europa durch verstärkte Zusammenarbeit noch durchzusetzenden Finanztransaktionsteuer in Aussicht gestellt. Über deren Details werden wir noch reden. Das Finanzministerium hat in Aussicht gestellt, dass Ende Mai Klarheit darüber herrscht, dass und wie sie kommt. Wir wünschen da viel Erfolg. Wichtiger als kritische Nachfragen zur Finanzierung anzuempfehlen, wäre es, hier zu liefern. Wir vertrauen darauf, dass geliefert wird. Wir wollen die Grundrente zielgenau und solide finanziert. Ich freue mich auf die Beratungen.