Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!
Maßstab unseres politischen Handelns ist die Nachhaltigkeitsagenda, die Agenda 2030, der Vereinten Nationen. Das gilt für die Politik insgesamt - das haben wir auch bewusst in unseren Koalitionsvertrag geschrieben -, das gilt aber in besonderer Weise auch für die Entwicklungspolitik, für die Politik im Bereich der wirtschaftlichen Zusammenarbeit. Es ist schon darauf hingewiesen worden, an welch zentraler Stelle in den 17 Nachhaltigkeitszielen - in Ziel 3 - Gesundheit und Wohlergehen für alle Menschen zum Ziel einer nachhaltigen Entwicklung erklärt werden. Ich möchte es so zusammenfassen: Entwicklung braucht Gesundheit. Das wissen wir schon vom Leben des einzelnen Menschen. Schwere gesundheitliche Beeinträchtigungen können die Chancen der körperlichen und geistigen Entwicklung, die Chancen auf Bildung und Ausbildung, auf Arbeit und auf ein selbstbestimmtes Leben nachhaltig beeinträchtigen. Das gilt vor allen Dingen - und das ist die Not in so vielen armen Ländern der Welt -, wenn schwere gesundheitliche Beeinträchtigungen in frühen Lebensjahren Menschen im Hinblick auf ihre Entwicklungschancen zurückwerfen.
Mich hat es sehr bewegt, als ich vor einigen Monaten in Äthiopien ein Krankenhaus besucht habe, in dem - mithilfe der Christoffel-Blindenmission – eine Früherkennung von Hörbeeinträchtigungen und eine rechtzeitige Behandlung darauf zielen, Menschen ein Leben zu ersparen, in dem die Hörbeeinträchtigung zu Bildungsunfähigkeit und dies zum Nichtfinden eines Platzes in der Arbeitswelt führt, und zu sehen, welcher Segen diese konkrete Hilfe für die Menschen, bei denen eine Krankheit rechtzeitig erkannt und wirkungsvoll behandelt werden kann, bedeutet.
Aber der Grundsatz „Entwicklung braucht Gesundheit“ gilt nicht nur für das einzelne Leben. Er gilt auch für Staaten und Volkswirtschaften. Wir haben in Westafrika nach der Ebolakrise und in so vielen anderen Gesundheitskrisen gesehen, wie die soziale, wie die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes dramatisch zurückgeworfen werden kann, weil die Lasten einer Krankheitsentwicklung, die keinem Gesundheitswesen begegnet ist, so schwerwiegend sind. Deswegen ist es gut, jetzt konkret den Ländern zu helfen, die in besonderer Weise unter der Pandemie leiden. Wenn zu Recht darauf hingewiesen wird, dass es dramatische Schäden durch die Gefährdung von Impfprogrammen, durch andere Krankheiten wie Malaria und durch die dramatische Zunahme von Hunger auch infolge der Maßnahmen rund um die Pandemie gibt, dann will ich ausdrücklich sagen: Das sind schreckliche Folgen der Pandemie. Sie dürfen aber nicht missbraucht werden, um die Gefährdung durch die Pandemie zu leugnen. Das ist geradezu absurd, was wir hier in Teilen erleben.
Es ist richtig, dass das BMZ schnell gehandelt hat und 1 Milliarde Euro zugunsten der Pandemiebekämpfung umgeschichtet hat, aber auch andere Schäden in den Mittelpunkt der nächsten Anstrengungen rückt. Deswegen unterstützen wir nachdrücklich das Ansinnen des BMZ, zusätzlich 3 Milliarden Euro für die Pandemiebekämpfung zur Verfügung zu stellen und die umfassenden Folgen dieses Geschehens zu lindern. Das ist ein richtiger Schritt. In dieser Situation mit Stimmungsmache gegen Entwicklungshilfe zu operieren, ist schäbig.
Wer bei einer Pandemie auf nationale Abschottung setzt, hat vor allen Dingen das Wesen einer Pandemie nicht verstanden. Das gilt in diesem Haus und anderswo.
Lassen Sie mich deutlich etwas zur WHO sagen. Es ist gut ein Jahr her, dass wir in diesem Haus den Generaldirektor der WHO, Dr. Tedros, im Fraktionssaal der CDU/CSU bei einem Kongress zur globalen Gesundheit begrüßen durften. Wir bekennen uns ausdrücklich zur Arbeit der WHO. Jens Spahn hat dafür gesorgt, dass kurzfristig deutlich mehr Gelder auch für aktuelle Herausforderungen zur Verfügung gestellt werden. Dies ist ebenso wichtig wie die zusätzlichen Mittel aus dem Forschungsressort für die Impfstoffsuche. Das zeigt: Ressortübergreifend treibt diese Bundesregierung eine richtige Antwort auf die Krise voran, meine Damen, meine Herren.
Wer immer die WHO kritisiert, muss vor allen Dingen eines wissen: Dann muss unser gemeinsames Ziel eine stärkere, eine bessere, ja auch eine besser finanzierte WHO sein.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich angesichts der in der Tat verstörenden Position gegen Multilateralismus auch in der amerikanischen Administration sagen: Wir sehen gleichzeitig beim Globalen Fonds und in der WHO sowie in vielen anderen Bereichen großartige amerikanische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, mit denen uns die Überzeugung eint, dass eine globale Herausforderung eine globale Antwort verlangt. Dies eint auch die allermeisten in diesem Haus, und das ist ein starkes Stück Gemeinsamkeit für eine Führungsrolle unseres Landes in der globalen Gesundheitspolitik.
Herzlichen Dank.