Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Ja, Herr Minister, es geht um Menschen wie den von Ihnen genannten Langzeitarbeitslosen, die wir besser in Arbeit vermitteln, besser unterstützen wollen. Deswegen ist es richtig, dass Sie den sozialen Arbeitsmarkt, den wir gemeinsam geschaffen haben, entfristen. Aber es ist völlig verfehlt, dass Sie im Bereich der Integration in Arbeit 600 Millionen Euro kürzen wollen.
Tun Sie doch nicht so, als helfe ein neuer Name, wenn Sie beim Geld für die Jobcenter kürzen!
Für uns als Union war stets klar: Vorfahrt für Vermittlung. Wir halten am Fordern fest; aber wir müssen beim Fördern besser werden.
Wir wollen nicht, dass alles so bleibt, wie Sie es permanent unterstellen.
Bis heute verweigern Sie jede sachliche Debatte über die grundsätzlichen Webfehler Ihres Gesetzes. Ich dachte zunächst, das sei die Ampelangst vor Argumenten. Inzwischen weiß ich: Sie haben sogar vor unseren Fragen Angst. Es ist doch ungeheuerlich, dass Sie es der Opposition verweigern, den Bundesrechnungshof in einer Anhörung dieses Parlaments zu befragen - eine Institution, deren Mitgliedern das Grundgesetz richterliche Unabhängigkeit zuschreibt.
Sie wollen diese Antworten nicht im Parlament hören. Unglaublich!
Glauben Sie eigentlich im Ernst, die Arroganz der Mehrheit im Bundestag erhöht die Chancen auf eine Mehrheit im Bundesrat? Wer empfiehlt Ihnen eigentlich so absurde Strategien? Das ist doch unglaublich.
Ja, die Zeit wird knapp. Wir wollen am 1. Januar bessere Bedingungen für die Menschen, die langzeitarbeitslos sind.
Aber der Kabinettszeitplan ist der Kabinettszeitplan der Ampel; der Parlamentszeitplan ist der Parlamentszeitplan der Ampel. Wir haben zu keiner Zeit irgendetwas verzögert. Im Gegenteil: Es waren die Arbeitsministerinnen und -minister der Union, die vor einer Woche an Sie als Fraktionen der Ampel geschrieben haben, um welche grundsätzlichen Bedenken es ging.
Wir wollten uns ein Vermittlungsverfahren ersparen; wir wollten Ihnen die Gelegenheit geben, sich zu korrigieren. Sie haben sie ungenutzt verstreichen lassen.
Trotz aller persönlichen Herabsetzungen sei mal darauf hingewiesen: Die Personalräte der Jobcenter drängen auf eine Verschiebung.
- Lesen Sie den Brandbrief! - Sie drängen darauf - - (Christian Dürr (FDP): Es gibt kein substanzielles Argument!) - Nein, ich weiß, dass Sie das - -
(Christian Dürr (FDP): Es gibt kein substanzielles Argument, kein einziges! Absurd! Das ist ja absurd! Sie sind doch in Wahrheit gegen Arbeitsanreize! Absurd! - Gegenruf des Abg. Thorsten Frei (CDU/CSU): Jetzt hören Sie doch mal zu, Menschenskinder! Was ist denn das für ein Benehmen!)
- Herr Dürr, also auf dem Schulhof gilt: Wer brüllt, hat unrecht. - Für Herrn Dürr gilt das sogar im Parlament.
Meine Damen, meine Herren, also das ist originell.
Also, jetzt lassen Sie mich mal etwas zu den Personalräten sagen. Dass die FDP sich nicht dafür interessiert, ist ja in Ordnung. Aber so kaltschnäuzig, wie die SPD mit diesen Personalräten umgeht, sollten Sie aufhören, andere über Mitbestimmung zu belehren. Das ist die Wahrheit!
Da schreiben Ihnen Personalräte, dass die Kolleginnen und Kollegen den Tränen nahe sind, und schlagen vor, die Regelsatzerhöhung vorzuziehen. Das ist der Vorschlag von Friedrich Merz. Sie wischen dies vom Tisch.
Meine Damen, meine Herren, wir sind für die möglichst zeitnahe Erhöhung; darum geht es. Es geht niemandem darum, irgendjemanden gegeneinander auszuspielen. Es geht darum, ein Ja zu den höheren Regelsätzen zu haben und die Lage der Menschen mit geringem Einkommen in den Blick zu nehmen.
Herr Klingbeil, ich zitiere einen Ihrer Vorgänger, Sigmar Gabriel. Er sagt, er sei kein besonderer Fan des Bürgergelds. Dann geht es weiter: Es führe dazu - Zitat Gabriel -, „dass diejenigen, die als wenig Qualifizierte im Handwerk arbeiten, im Zweifel keinen ökonomischen Anreiz mehr haben, arbeiten zu gehen“. Ihr Vorgänger! Bei Ihrem Niveau müssten Sie jetzt „Genosse Trump“ sagen. Das ist nur arg peinlich.
Und Christian Lindner erklärt, wenn der Regelsatz steige, dann müsse der Grundfreibetrag erhöht werden. Damit räumt er genau ein, dass wir recht haben. Ich befürchte nur, der FDP-Vorsitzende Lindner würde ihm vorwerfen, das sei ein Schäbigkeitswettbewerb. So ist das, wenn man ein bisschen schizophren argumentiert.
Sie wollen es heute ablehnen, den Regelsatz zu erhöhen. Aber dann haben Sie am Montag kein Recht, die Länder damit unter Druck zu setzen, man müsse Ihrem Gesetz uneingeschränkt zustimmen, sonst enthalte man Arbeitslosen die fällige Erhöhung vor.
Ab heute gibt es eine Namensliste: Wer war dafür, und wer war dagegen? Das ist sehr eindeutig.
Da Sie am liebsten schreien, sage ich Ihnen: „Mit Denkverboten kommen Sie nicht weiter“, und ich sage sehr deutlich: „Wir wollen nicht lediglich eine Erhöhung der Regelsätze. Wir haben Vorschläge gemacht - - - Wir lehnen auch nicht alles bei Ihnen ab, um das klar zu sagen.
(Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was denn nicht?)
Zum Erhöhen der Hinzuverdienstgrenzen haben wir uns als Unionsfraktion bekannt.
(Christian Dürr (FDP): Der einzige Vorschlag ist, die Regelsätze zu erhöhen! Na super!)
- Nein, das stimmt einfach nicht. - Aber Sie packen die zentralen Webfehler des Gesetzes nicht an.
(Johannes Vogel (FDP): Welche?)
Es geht eben im Kern um ein Schonvermögen bei einer Bedarfsgemeinschaft mit zwei Kindern von 150 000 Euro, das man besitzen und trotzdem Bürgergeld bekommen kann. Die Mehrheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kann von einem solchen Vermögen nur träumen.
Und wissen Sie was? Sie gefährden damit die Fairness. Sie gefährden damit die Fairness in diesem Land. Aber was viel schlimmer ist: Sie gefährden damit die Chancen auf Vermittlung in Arbeit.
Erlauben Sie mir, einen Landrat zu zitieren:
Es ist unerklärlich, dass in einer Zeit, in der die Gesellschaft zur Bewältigung von Krisen und ihren Aufgaben zwingend das Arbeitskräftepotenzial erhöhen muss, die Wege aus der Arbeitslosigkeit eingeschränkt und die Wege in die Arbeitslosigkeit erleichtert werden. Dieser Landrat, Peter Bohlmann, ist Mitglied der SPD in Niedersachsen, Herr Klingbeil - wahrscheinlich auch so ein Genosse Trump.
Es ist doch ungeheuerlich: Sie preisen sich für die angeblich größte Sozialstaatsreform seit 20 Jahren; aber Sie wischen weg die Kritik des Deutschen Städte- und Gemeindebundes. Sie wischen weg die Kritik des Deutschen Städtetages. Sie wischen weg die Kritik des Landkreistages.
Wie viel ideologische Verbohrtheit braucht man eigentlich, um so mit der Kritik derjenigen umzugehen, die unseren Sozialstaat vor Ort tragen? Mit dieser Arroganz bringen Sie den Sozialstaat nicht nach vorne; mit dieser Arroganz werden Sie scheitern.