Frau Präsidentin! Frau Ministerin Schulze! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will gleich bei dem letzten Punkt anfangen und mich bei Frau Kollegin Raffelhüschen für die sehr klaren Worte bedanken. Ich teile Ihre Überzeugung, dass das, was die UNRWA bisher zu der erschreckenden Kumpanei zwischen Helfern der UNRWA und der Hamas sagt, überhaupt nicht ausreicht. Es ist geradezu ungeheuerlich, wenn sogar jetzt noch gesagt wird, das Schlimme sei der Zeitpunkt der Veröffentlichung - die Öffentlichkeitsarbeit der Israelis - und nicht die verbrecherische Kumpanei. Deswegen hilft nichts anderes als eine Rundumerneuerung der - notwendigen - Hilfe für die Palästinenserinnen und Palästinenser. Diese UNRWA-Führung ist dazu erkennbar nicht geeignet.
Ansonsten erlaube ich mir zu dem, was die Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen gesagt haben, den Hinweis: Sie haben sich nun sehr an den Bemerkungen der Union abgearbeitet. Wir stimmen heute über Ihren Haushalt ab. Ich bin mal gespannt, ob Sie, Frau Ministerin - wäre ja schön vor der Abstimmung - einmal sagen: Ich finde meinen Haushalt gut. - Ich bin gespannt, ob Sie das sagen. Vor fünf Tagen hat Sie ein Journalist mit der Meinung der Zivilgesellschaft konfrontiert, die gegen die Kürzungen protestiert. Da sagte die Fachministerin: Auch ich bin sauer. - Ob fünf Tage später daraus wird: „Der Haushalt ist gut. Bitte stimmt zu!“? Ich bin gespannt.
Nein, es ist Ihr Haushalt und es ist Ihre Haushaltslage, der wir die heutige Situation verdanken. 940 Millionen weniger als im letzten Jahr.
Im letzten Jahr 1,5 Milliarden weniger als im Jahr davor.
Ein Blick in die Finanzplanung und ein Blick in die Ankündigung für den nächsten Haushalt zeigen: Die Talfahrt geht weiter.
Sie schauen auf die 16 guten Jahre unionsgeführter Bundesregierung. Es gab im Etat des BMZ jedes Jahr einen Aufwuchs. Sie zeigen sich mit diesem Etat als entwicklungspolitische Rückschrittskoalition, meine Damen, meine Herren.
Sie entschuldigen die Haushaltslage, als wäre sie wie schlechtes Wetter über Sie gekommen. Dabei tragen Sie wesentliche Verantwortung für die Lage. Wer ein Land wirtschaftlich an die Wand fährt, untergräbt seine Stärke nach innen und außen, meine Damen und Herren. In einer Welt voller Krisen braucht es ein wirtschaftlich starkes Deutschland, das im eigenen Interesse und im Interesse der Menschen auf der ganzen Welt seiner Verantwortung gerecht wird.
Sie setzen nicht nur die Stärke unseres Landes aufs Spiel. Diese Koalition ist auch zutiefst zerstritten darüber, wie sie diese Stärke wiedergewinnen will. SPD und Grüne sagen: höhere Schulden, höhere Steuern. Die FDP sagt - zu Recht -: Das würgt die wirtschaftliche Entwicklung, die wir brauchen, ab. Sie haben keine Antwort auf die Frage, wie unser Land seiner Verantwortung wieder gerecht werden kann.
Und Ihre Politik hat Folgen: Sie kürzen beim Titel „Krisen“ um 200 Millionen Euro auf gut 1 Milliarde Euro. 2023 war das Wort des Jahres „Krisenmodus“ - übrigens nicht in der Erwartung, dass es 2024 weniger Krisen gibt.
Sie kürzen bei allem, was der Ernährungssicherung dient: beim World Food Programme von 78 auf 58 Millionen Euro, bei den Sonderinitiativen im Bereich der Ernährung von 519 auf 420 Millionen Euro.
Um fast 120 Millionen Euro kürzen Sie im Bereich der Sicherung von Ernährung. Dabei haben wir doch 2015 erlebt, dass, wenn das Welternährungsprogramm nicht in der Lage ist, etwa die Flüchtlinge im Bereich Syriens zu versorgen, das zu Flüchtlingsbewegungen nach Europa führt. Sie handeln nicht; Sie versagen hier.
- Sie wissen genau, dass Deutschland damals gegen die Kürzung anderer mit Mittelsteigerungen gegengehalten hat. Das ist der Unterschied: Deutschland hat damals mehr getan, und in den Krisen, die jetzt kommen, tun Sie weniger.
Ja, meine Damen und Herren, Armutsbekämpfung ist ein ethisches Gebot; sie liegt aber auch in unserem eigenen Interesse. Angesichts der erheblichen Mittel sage ich deutlich: Wir brauchen auch Transparenz und auch kritische Diskussionen. Jeder von uns kennt das doch von den Reisen: Es gibt Projekte, die uns überzeugen, und andere, wo wir kritische Nachfragen stellen. Aber ich sage bewusst an die Seite ganz rechts: Wer mit Häme und Verzerrung gegen jedes Projekt für Menschen in den ärmsten Ländern der Welt hetzt, der offenbart nur ein schäbiges Menschenbild, gegen das zu Recht Hunderttausende auf die Straße gehen, meine Damen, meine Herren.
Gerade eine wertegeleitete und interessengeleitete Politik muss aber zu dem Schluss kommen - das müssen wir gemeinsam -, dass wir eine bessere Abstimmung der Außen- und Entwicklungspolitik brauchen, wenn im Zusammenhang mit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, mit dem Terror gegen Israel, angesichts der wachsenden Systemkonkurrenz mit China Länder, mit denen wir eine enge Entwicklungspartnerschaft pflegen, grundlegend zu anderen Bewertungen als wir kommen. Deswegen ist es eben falsch gewesen, dass Sie einen Nationalen Sicherheitsrat nicht eingerichtet haben. Wir brauchen mehr Abstimmung und nicht weniger.
Das gilt übrigens auch für den Bereich der Klimafinanzierung, wo aus verschiedenen Ressorts multilaterale, bilaterale Initiativen gefördert werden und wo wir eine transparente, eine bessere Abstimmung brauchen.
Ja, uns leiten gemeinsame Werte: die Menschenrechte, die Nachhaltigkeitsziele der VN, auch unsere internationalen Klimavereinbarungen. Aber es geht auch darum, wie wir für diese Werte eintreten. Wenn der Präsident Brasiliens vor einem grünen Kolonialismus warnt, dann stellt sich doch zumindest die Frage, ob Sie die Tonlage immer treffen - um es vorsichtig auszudrücken.
Zudem gilt: Wenn unsere Mittel spürbar zurückgehen, dafür aber unsere Bekenntnisse immer steiler werden, dann schadet das der Glaubwürdigkeit unseres Landes. Das ist nicht im Interesse einer guten Entwicklungszusammenarbeit.
Vielen Dank.