Hier sind die Berliner Notizen im Erft-Kurier zu lesen
Liebe Leserinnen und Leser,
im laufenden Europawahlkampf sind erneut Politikerinnen und Politiker tätlich angegriffen worden. Das geht gar nicht! Solche Angriffe sind Angriffe auf die Demokratie insgesamt. Die Zahlen sind beunruhigend. 2023 gab es bundesweit 2790 Attacken auf Politikerinnen und Politiker sowie deren Einrichtungen wie Wahlkreisbüros. Die Zahlen steigen, 2019 waren es noch 1420 gemeldete Fälle. Darunter leiden vor allem viele Ehrenamtliche, die sich in ihrer Freizeit für unsere Gesellschaft einbringen. Die Statistik der Bundesregierung zeigt, dass Politikerinnen und Politiker der Grünen am häufigsten betroffen sind, gefolgt von der AfD, die dabei am häufigsten von körperlicher Gewalt betroffen war. Das zeigt: Gewalt richtet sich gegen jede politische Richtung. Gewalt ist dabei niemals zu rechtfertigen, schon gar nicht im politischen Wettbewerb. Gleichzeitig muss offen angesprochen werden: Ich habe im Deutschen Bundestag miterlebt, wie mit dem Einzug der AfD der Umgang rauer geworden und teilweise völlig ausgeufert ist. Der Hass, den diese Partei schürt, zerstört den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Aber das rechtfertigt keinerlei Übergriffe auf irgendjemanden! Ein gewaltbereite, linksradikale „Antifa“ verrät die notwendige demokratische Ausrichtung einer wirklich antifaschistischen Gesinnung.
Wer nun Antworten finden will, muss genau hinschauen. Wenn Sozialdemokraten immer wieder den „Kampf gegen Rechts“ ausrufen, dann wird hier bewusst nicht mehr unterschieden zwischen Rechtsradikalen und -extremisten und allen politischen Kräften rechts von der SPD. Das setzt den Zusammenhalt der Demokraten aufs Spiel. Das Problem der Gewalt ist nicht neu, es wird schlimmer. Bereits 2019 hat ein Rechtsextremist den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU) vor dessen eigenen Wohnhaus feige ermordet.
Was also tun? Ein Vorschlag ist die Verschärfung des Strafrechts für Gewalttaten im politischen Umfeld. Andere Stimmen wenden dagegen ein, dass es keine „Bevorzugung“ von Politikern geben dürfe. Und eine Abgrenzung würde oft nur schwer möglich sein. Ich kann mir auch keine Wahlkampfstände unter Polizeischutz vorstellen. Nutzen wir die bestehenden polizeilichen und strafrechtlichen Möglichkeiten mit Nachdruck, wie es NRW-Innenminister Herbert Reul einfordert. Stellen wir uns gegen Einschüchterung und Gewalt! Verfassungsfeinde stellen nicht die schweigende Mehrheit - das haben nicht zuletzt die parteiübergreifenden Demonstrationen auch bei uns in Neuss, Grevenbroich und Dormagen für unsere Demokratie gezeigt. Wir dürfen uns von Extremisten nicht einschüchtern lassen - egal ob links- oder rechtsextrem, islamistisch oder aus dem Ausland gesteuert. Unsere Demokratie ist wehrhaft!
Es grüßt Sie herzlich
Ihr Hermann Gröhe