Herr Präsident, das ist ja eine freundschaftliche Begrüßung. Ich füge jetzt nicht an, dass auch ich mich an die Reise nach Äthiopien erinnern kann, aber ich betone gerne, dass uns eint: Wir finden uns nicht damit ab, dass millionenfach Menschenrechte in ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen mit Füßen getreten werden. Damit finden wir uns nicht ab!
Kinder gehören in die Schule, nicht ins Bergwerk, nicht auf die Plantage und nicht auf den Schrottplatz. Das eint doch die allermeisten und in Wahrheit auch die allermeisten in der Wirtschaft. Deswegen ist es albern, uns zu unterstellen, wir hätten einen Generalverdacht gegen die Wirtschaft.
Ich kenne viele eindrucksvolle Beispiele unternehmerischer Verantwortung gerade in Entwicklungsländern. Aber wir hören gerade auch von diesen Unternehmerinnen und Unternehmern, dass wir mehr Konsequenz, mehr systematisches Hinschauen brauchen. Sie rufen nach einem klaren, verbindlichen Rahmen für alle. Wegschauen darf kein Wettbewerbsvorteil sein, meine Damen, meine Herren.
Deutschland ist drittgrößter Importeur in der Welt. Diese Marktmacht gibt uns die Möglichkeit, Standards zu setzen, und aus dieser Möglichkeit wird angesichts schrecklicher Menschenrechtsverletzungen eine gemeinsame Verpflichtung von Staat und Wirtschaft und übrigens auch von uns allen als Verbraucherinnen und Verbraucher, die sich für die Herkunft ihrer Produkte interessieren sollten, meine Damen, meine Herren.
Für mich war immer klar: Ein Lieferkettengesetz muss erstens für die Menschenrechte wirksam sein. Es muss zweitens für die Wirtschaft umsetzbar sein. Es muss wirksam sein, es muss einen echten Fortschritt für die Menschenrechte bringen. Und ja, das bedeutet Aufwand. Aber das so in der Attitüde als Schnickschnack, als bürokratisches Monster zu diffamieren, wird der Ernsthaftigkeit millionenfacher Menschenrechtsverletzungen nicht gerecht, meine Damen und Herren.
Im Übrigen, wenn es um unseren Schutz geht - Qualitätssicherung entlang der ganzen Lieferkette -, dann erscheint uns der Aufwand selbstverständlich angemessen. Da geht es ja auch um unseren Schutz. Deswegen ist es falsch, das hier in Bausch und Bogen abzulehnen.
Natürlich, Kollege Cronenberg: Nicht die Dokumentation schützt das Kind; aber das, was dokumentiert wird, nämlich die Verpflichtung, auf den Zulieferer zuzugehen und sich für die Arbeitsverhältnisse dort zu interessieren - dies ist ein wichtiger Schritt, diesen Kindern zu helfen, den Sie nicht schlechtreden sollen.
Ich will Umsetzbarkeit, ja; denn wir wollen mehr Investitionen zum Beispiel in Afrika, mehr fairen Handel mit Afrika. Deswegen ist es wichtig, auch zu wissen, dass Jobs und Ausbildung durch Handel, durch Wirtschaftsbeziehungen entstehen, nur zu einem geringeren Teil durch Entwicklungszusammenarbeit. Wahr ist aber auch: Staatliche Entwicklungshilfe kann nicht die Wunden heilen, die ausbeuterische Wirtschaftsbeziehungen erst schlagen. Insofern gibt es eben eine gemeinsame Verantwortung.
Wir haben viel Zustimmung, wir haben auch Kritik von NGOs, von Gewerkschaften, von Wirtschaftsverbänden gehört. Wir nehmen das ernst und prüfen das im Verfahren. Aber ich sage sehr deutlich: Schlechte Karikaturen und verzerrende Darstellungen, die es gegen das Gesetz insgesamt gibt, weisen wir entschieden zurück, meine Damen und Herren;
denn selbstverständlich gilt auch in diesem Gesetz der rechtsstaatliche Grundsatz: Unmögliches darf nicht verlangt werden. Deswegen steht eindeutig in der Gesetzesbegründung, dass die Sorgfaltspflichten eine Bemühenspflicht konstituieren. Es wird ausdrücklich das konkret Machbare und Angemessene als Maßstab benannt. Das ist richtig.
Man mag vielleicht, wenn es etwa um Abhilfemaßnahmen da geht, wo die Menschenrechtsverletzung nicht durch das Verhalten des Zulieferers beeinflusst werden kann, sondern in der Rechtsordnung eines Staates liegt, noch weiter präzisieren, wann ein Abbruch von Geschäftsbeziehungen verlangt werden kann und wann sinnvollerweise nicht. Aber der Grundsatz, dass verlangt wird, was angemessen und konkret machbar ist, steht eindeutig im Gesetz.
Meine Damen, meine Herren, ja, wir haben uns entschieden - und ich glaube, das ist gut vertretbar -, eine zusätzliche zivilrechtliche Haftung nicht vorzusehen, sondern ein effektives Bußgeld- und Sanktionssystem. Ich glaube sogar, dass das in mancherlei Hinsicht wirksamer sein kann. Deswegen sollten wir diesen Weg hier gehen.
Vizepräsident Wolfgang Kubicki:
Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Frohnmaier aus der AfD-Fraktion?
Hermann Gröhe (CDU/CSU):
Nein, die erlaube ich nicht, weil ich da bisher keine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema erlebt habe.
Lassen Sie mich noch zum Thema Unternehmensgröße etwas sagen. Ja, auch das war ein Kompromiss. Wir wollen den Mittelstand gerade in dieser Zeit nicht zusätzlich belasten. Aber ich will hier sehr offen sagen: Ich bin durchaus bereit, über die Frage, ob wir nicht unselbstständige Töchter, also hiesige Niederlassungen und Betriebsstätten ausländischer Konzerne, einbeziehen sollten, im Gesetzgebungsverfahren zu reden.
Es sollte nicht von der Rechtsform abhängen, dass jemand, der in Deutschland über diesen Schwellenwerten liegt, sich auch diesen Rahmenbedingungen stellen muss. Das lässt weniger Gestaltungsräume, das eröffnet mehr fairen Wettbewerb.
Sie sehen: Die Regierung hat einen guten Gesetzentwurf vorgelegt - dafür danke ich den beiden Freunden und Ministern -, und wir werden ihn gemeinsam im Parlament zu einem erfolgreichen Gesetz machen.
Herzlichen Dank.